Montreal - Sportlich führt Jacques Villeneuve seit fast fünf Jahren ein Schattendasein. Aber trotz seiner für einen früheren Formel-1-Weltmeister einmaligen Negativserie von 74 sieglosen Grand Prix genießt der Rebell der Königsklasse noch immer einen guten Ruf. Dank seines unkonventionellen Auftretens und seiner meist gnadenlosen Kritik versteht es der exzentrische Frankokanadier glänzend, sich immer wieder in den Vordergrund zu spielen. Beim Heim-GP in Montreal verfügt er zudem erstmals seit langem über ein deutlich besseres Auto."Wer mit Michael fährt darf ihn nicht schlagen" Vor allem gegen seinen alten Erzrivalen Michael Schumacher stichelt Villeneuve immer noch gerne. "Wenn Ferrari 2005 noch das Auto ist, das es zu bezwingen gilt, wäre das interessant für mich. Aber wer neben Michael fährt, darf ihn nicht schlagen. Unter solchen Bedingungen würde ich da nie hin", sagte der 31-Jährige vor dem Großen Preis von Kanada in Montreal und spielte damit auf die jüngste Stallorder der Scuderia in Spielberg zu Gunsten des Deutschen an. Ferrrai und der Name Villeneuve In zweieinhalb Jahren endet Schumachers Vertrag. Sollte der viermalige Weltmeister dann rennmüde sein, wäre der schillernde Villeneuve durchaus eine Alternative. Schließlich zählt sein am 8. Mai 1982 im Training zum Großen Preis von Belgien tödlich verunglückter Vater Gilles bei Ferrari und in ganz Italien zu den am meisten bewunderten Piloten. Bis auf sein Debüt im McLaren-Ford hat der verwegene Villeneuve senior alle restlichen 66 Grand Prix für die "Roten" bestritten. Option für ein weiteres Jahr bei BAR Ferrari wäre auch eines der wenigen Teams, die das immer noch weltmeisterliche Gehalt des Ex-Weltmeisters bezahlen können. Angeblich 21 Millionen US-Dollar soll Jacques Villeneuve bei BAR bekommen und damit der hinter Schumacher (35 Millionen Dollar) bestbezahlte Pilot sein. Da die Cockpits bei den Top-Teams Ferrari, Williams-BMW und McLaren-Mercedes besetzt sind, wird der Großverdiener auch aus finanziellen Gründen wohl bei dem hinterher fahrenden britischen Rennstall bleiben. Villeneuve kann eine Option für eine weitere Saison einlösen. Als einziges Team noch ohne Punkte "Wenn wir siegfähig werden, sehe ich für mich eine Zukunft bei BAR. Sonst nicht", sagt der elfmalige Grand-Prix-Sieger, der seit 1999 für die in diesem Jahr als einziges Team noch punktlosen Briten fährt. Anzeichen für eine Wende sieht er. Dave Richards, der zu Saisonbeginn überraschend Villeneuves Freund und Manager Craig Pollock als Teamchef ablöste, ist dabei, die Hinterbänkler auf Vordermann zu bringen. In Montreal setzt BAR einen zu 80 Prozent modifizierten Boliden ein. "Das heißt nicht, dass wir jetzt plötzlich gewinnen", dämpfte Villeneuve Euphorie. Richards: "Wir haben keine Illusionen, dass nun alle Probleme gelöst sind." Spürbare Verbesserung erstmals seit vier Jahren Nach dem ersten Training auf dem Circuit Gilles Villeneuve meinte Jacques aber angetan: "Es ist das erste Mal seit vier Jahren, dass eine wirkliche Verbesserung am Auto zu spüren ist." Seit seinem letzten Sieg am 28. September 1997 auf dem Nürburgring in seinem Titeljahr wartet der Erfolgsmensch auf Erfolge. Die schwarze Serie macht ihm mächtig zu schaffen. "Ich leide darunter, dass ich mit BAR noch kein Rennen gewonnen habe. Geld ist eine schöne Sache, aber siegen ist schöner. Eine solche Negativserie laugt aus. Die Anzahl meiner grauen Haare wächst von Tag zu Tag", räumt der wieder natur-brünette Villeneuve ein. (APA/dpa/Reuters)