München - Ein zweites Nein der Iren zum EU-Vertrag von Nizza würde nach Ansicht von Erweiterungskommissar Günter Verheugen die Erweiterung der Union verzögern. "Es wird sehr, sehr ernste Probleme geben, wenn das Referendum in Irland ein zweites Mal scheitert. Ich habe keine Lösung dafür, um ehrlich zu sein", sagte Verheugen in Abweichung von seinem Redetext bei einem Wirtschaftsforum in München: "Was wir sicher akzeptieren müssten, währe eine gewisse Verzögerung und eine Verzögerung wäre sehr gefährlich." Politische Geschenke an die Beitrittskandidaten schloss Verheugen aus. Die Europäische Kommission wolle die EU-Osterweiterung strikt von der Erfüllung der Beitrittskriterien abhängig machen, betonte Verheugen: "Das wird auf Daten und Fakten basieren. Das ist keine politische Frage." Und weiter: "Wir werden keinen politischen Rabatt geben. Wir sind bereit, das Prinzip der Differenzierung anzuwenden." Die letzte Entscheidung werde allerdings vom Europäischen Ministerrat getroffen. Offene Fragen Aus heutiger Sicht erscheine es realistisch, dass die Verhandlungen mit zehn Beitrittsländern abgeschlossen werden könnten. Aber überall gebe es noch offene Fragen, von Atomsicherheit über Grenzkontrollen bis zum Finanzmanagement. Die Kandidaten müssten die EU-Gesetzgebung angemessen übernommen haben. "Ich weiß heute noch nicht, wer wann beitreten kann", sagte Verheugen. Es gebe keinen klaren Vorreiter und keinen klaren Verlierer. Die Kommission werde bei ihrer Empfehlung an den Ministerrat nicht zögern, Unterschiede zu machen, wenn das notwendig sei. Was die Erweiterung kosten werde, werde wohl im Oktober klarer sein. Sie eröffne aber enorme Chancen für Sicherheit, Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt und werde stattfinden, betonte Verheugen. Die EU hat den am besten vorbereiteten Kandidatenländern in Aussicht gestellt, die Beitrittsverhandlungen bis zum Ende des Jahres abzuschließen und der Union im Jahr 2004 beizutreten. Die zehn für die erste Runde in Frage kommenden Staaten sind Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern. (APA/AP/dpa/Reuters)