Österreichs Profifußball ist in einer so schlechten Verfassung, dass ihm nichts anderes übrig bleibt, als mit einer ungeliebten Übung zu beginnen: erst denken, dann handeln. Die Weigerung der Bundesliga, dem Meister FC Tirol eine Lizenz für das Spieljahr 2002/2003 zu geben, und ihr Entschluss, ihn, der die Champions-League-Qualifikation vor den Beinen hatte, nun in der Westliga gesundschrumpfen zu lassen, stellt eine so drastische Entscheidung dar, dass man es erst gar nicht fassen kann. Bis im nächsten Augenblick das Denken einsetzt und man gewahr wird: Es muss so furchtbar gewesen sein, dass nicht einmal mehr die wohl besten Budgetimprovisierer des Landes, die Profiklub-Funktionäre, wussten, wie es weitergehen könne.Die Rahmenbedingungen des Profifußballs, wie er hierzulande gepflogen wird, sind denkbar schlecht. Ein überhitzter und vom Liga-Präsidenten Frank Stronach zusätzlich aufgeheizter Spielermarkt mit überhöhten Gehältern, unterdurchschnittlichen TV-Erlösen und Zuschauereinnahmen, dafür politischer Hilfe und steuertechnisch-pragmatischer Blindheit, gepaart mit überdurchschnittlichem Ehrgeiz, verführen zur Trickserei. Jetzt, solange der Schock noch anhält, appellieren sie alle ans "Umdenken". Vielleicht denken sie sogar über funktionsfähige Modelle nach und nehmen sich beispielsweise Skandinavien, wo der Nachwuchs gepflegt wird, zum Vorbild. Die Geschichte lehrt freilich, dass auch vergangene Großpleiten wie die des SK Rapid Mitte der 90er-Jahre die Budgetvernunft nicht verstärkten. Höchstens bei den Unglücklichen selbst. Rapid richtet sich - sagen sie dort - gnadenlos nach erzielten Einnahmen und nicht nach den Wünschen der Funktionäre. Aber Glück und Titel sind dort auch schon lange nicht mehr gesehen worden. (DER STANDARD-Printausgabe, Freitag, 7. Juni 2002)