Inland
Temelin: Grüne drohen mit Boykott des Sonderausschusses
Wegen "Ignoranz" der Regierung
Wien - Wenn die VP/FP-Regierung das Thema Temelin weiterhin
mit "Ignoranz" betrachte, werde die heutige Sitzung des
Temelin-Sonderausschusses für die Grünen die Letzte sein. Das
kündigte die Grüne Umweltsprecherin, Eva Glawischnig, am Donnerstag
bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen
Energieexperten Antony Frogatt an. Die Regierung sei an einer ernsthaften Diskussion nicht
interessiert, das zeige sich daran, dass Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel, Umweltminister Wilhelm Molterer und auch der für Energie
zuständige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (alle V) nicht am
Temelin-Ausschuss teilnehmen würden. Wenn diese auch beim nächsten
Termin am 4. Juli nicht anwesend seien, mache der Ausschuss "keinen
Sinn mehr".
Glawischnig fordert die Regierung auf, unmittelbar nach den
tschechischen Parlamentswahlen, die am 14. und 15. Juni stattfinden,
in Verhandlungen mit einer neuen tschechischen Regierung zu treten.
Gleichzeitig forderte sie Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) auf,
der Aufstockung des Euratom-Budgets um zwei Milliarden Euro in
Brüssel nicht zuzustimmen.
Hier setzte auch Frogatt an, der als Konsulent für das
EU-Parlament tätig ist und von den Grünen als Experte für den
Temelin-Ausschuss geladen wird. Die Verlängerung der
Euratom-Kreditlinie stehe heute und morgen auf der Tagesordnung des
EU-Energieausschusses. Da hier das Prinzip der Einstimmigkeit
herrsche, könne aber auch ein kleines Land wie Österreich diese
Gelder für neue AKW verhindern.
Generell müsste eine Änderung der Energiepolitik auf europäischer
Ebene erfolgen, meinten Frogatt und Glawischnig unisono. So drohe in
den nächsten Jahren eine Marktkonzentration auf dem Energiemarkt auf
zwei bis fünf Großunternehmen, befürchtet Frogatt. Das könne aber
nicht im Sinne kleinerer Länder sein. Handlungsbedarf bestehe auch
bei der Strom-Kennzeichnung, die Österreich als eines von wenigen
Ländern habe. Hier seien klarere Regelungen auf EU-Ebene nötig.
Ansonsten würden die Unternehmen den Privaten den "sauberen Strom"
verrechnen und der Industrie den "schmutzigen Strom". (APA)