"Am Anfang der Arbeit steht immer eine Stimmung, ein Gefühl, erst im Laufe der Umsetzung werden aus diesen Emotionen Gedanken." So beschreibt Christiane Gruber, RONDO-Modepreisträgerin 2002, wie sie an die Entwürfe für ihre Kollektionen herangeht. Die gebürtige Steirerin, Jahrgang 1975, übersiedelte nach der Matura nach Wien und absolvierte das Kolleg an der Höheren Bundeslehranstalt für Mode und Bekleidungstechnik Herbststraße. 1996 begann sie ihr Studium an der Meisterklasse für Mode der Universität für angewandte Kunst, wo sie heuer ihr Diplom ablegt. Sie absolvierte 1999 ein Auslandssemester an der Hochschule der Künste in Berlin und nahm im Vorjahr am "New Designers Workshop" in Nagoya / Japan teil. Im Vorjahr erhielt sie das "Fred-Adlmüller-Stipendium" und zeigte ihre Kollektion beim Modeevent "Gwand" in Luzern.Für ihre Diplomarbeit hat Christiane Gruber eine Damenkollektion mit zwölf Outfits erarbeitet: "After Eight oder der Stoff, aus dem die Träume sind." Das Hauptthema dabei: die Desillusionierung, das Verblassen von Träumen, das Ins-Wanken-Geraten von romantischen Anschauungen. Was aufs Erste recht pessimistisch klingt, aber in Christiane Grubers Sichtweise auch auf einen Neuanfang verweist, der ja ohne Ende nicht möglich ist. Der Titel, so erklärt sie, bezieht sich konkret auf die Atmosphäre, die um acht Uhr abends herrscht - dunkel und düster. Danach hat sie auch die Stoffe für die Kollektion ausgewählt. Es sind vor allem schwarze und dunkelgraue Materialien, die sie verwendet, mit einigen wenigen verstreuten Blumenmustern, und eher unglamouröse Materialien wie Baumwollsatin, Viskose, dünne Wollstoffe oder auch simple Haushaltstextilien wie Bettwäsche aus Batist, die sie dunkel überfärbt hat. Diese Materialien verarbeitet sie in klassischen, eleganten, aber trotzdem bequemen Schnitten. Zu jedem Outfit gehört eine Hose, die auch zu Kleidern und Röcken getragen wird. Christiane Grubers Kollektion zeichnet eine große Liebe zum Detail aus, durch die "billige" Materialien eine Aufwertung erfahren, die sie kostbar macht. Mit aufwendigem Blütensmok und Biesen gibt sie dem Material neue Formen und Silhouetten, betont damit Körperstellen und konstruiert Körperteile nach - entsprechend dem Labelnamen, den sie für ihre Arbeit gewählt hat: "hautnah". Auf intelligente und witzige Art arbeitet Gruber auch mit Vorgängen, die vordergründig als störend betrachtet werden. "Aus einem Übel entsteht oft etwas Gutes", meint sie und macht das ungeliebte Fädenziehen von Textilien zu ihrem Konzept. Sie löst und zieht in akribischer Kleinarbeit Fäden aus den Materialien, wodurch zum Beispiel ein schwarzes Kleid eine unregelmäßige Smok-Optik erhält oder folkloristische Blumenmuster in Dreidimensionalität und Kompaktheit erscheinen. Für die Zeit nach dem Abschlussdiplom plant Christiane Gruber vorerst ein Praktikum, interessieren würde sie sich zum Beispiel für eine Arbeit bei einem japanischen Designer, im besonderen bei Junya Watanabe, oder auch bei Hussein Chalayan. Durchaus vorstellbar wäre für sie aber auch die Arbeit in einem größeren Modekonzern. mw/derStandard/rondo/7/6/02