Mülheim - Elfriede Jelinek ist bei den 27. Mülheimer Theatertagen mit ihrem Stück "Macht nichts" zur Dramatikerin des Jahres gekürt worden. Fünf der sechs Mitglieder der Jury votierten in der Nacht zum Donnerstag in Mülheim an der Ruhr für das Stück der österreicherischen Autorin. Im "Stücke"-Wettbewerb hatten sieben Werke konkurriert. Jelinek untersucht in "Macht nichts" erneut den Fortbestand nazistischer Strukturen im Denken und Fühlen der Gegenwart. Der Mülheimer Dramatikerpreis ist mit 10.000 Euro dotiert. Jelinek kündigte an, die Preissumme mit ihren KonkurentInnen teilen zu wollen.Salzburger Pläne Bei den Salzburger Festspielen, wo ab heuer alljährlich das Mühlheimer Sieger-Stück gezeigt werden soll, zeigt man sich sehr erfreut über die Wahl. Man werde nun rasch die technischen Voraussetzungen des Gastspiels im Detail prüfen, heisst es aus dem Büro von Schauspiel-Leiter Jürgen Flimm. Die endgültige Entscheidung, ob die für den 30. und 31. August avisierten Aufführungen wie vorgesehen stattfinden können, würde "schnellstmöglich" bekannt gegeben. "Ich gehe nicht gerne nach Salzburg zurück", sagt indes Jelinek und erinnert daran, dass 1998, als sie "Dichterin zu Gast" bei den Festspielen war, ein Transparent mit ihrem Porträt heruntergerissen worden wäre. "Das Stück ist ein sehr persönliches und ich glaube nicht, dass Salzburg der Ort für dieses Stück ist. Salzburg ist mir zu repräsentativ, zu sehr auf Interpreten ausgerichtet. Ich habe mir eigentlich gedacht, ich möchte dort nicht mehr hin." Größe des Sujets Es ist das erste Mal, dass die Mülheimer Theatertage Jelinek auszeichnen, die schon häufig teilgenommen hat. Mehrere Juroren betonten, dass die Größe des Sujets eine entscheidende Rolle spiele. Im ersten Part ihres Dreiteilers, "Erlkönigin", wird der Leichnam einer berühmten Schauspielerin einem alten Brauch entsprechend drei Mal um das Wiener Burgtheater getragen. Jelinek erweckt die berühmte Schauspielerin, die sie einer Persönlichkeit der Zeitgeschichte nachgebildet hat, noch einmal zum Leben: Obwohl sie den Nationalsozialisten diente, nie etwas bereute, kaum etwas begriff von der Rolle, die sie spielte, wird sie weiter von ihrem Publikum geliebt und verehrt, bis über ihren Tod hinaus. Diese Kontinuität ist das Skandalon, gegen das Elfriede Jelinek anschreibt. Lob für "Push up 1-3" Roland Schimmelpfennig erntete viel Lob für sein Stück "Push up 1-3". Darin attackiert er die Konkurrenzgesellschaft, die bis zur Selbstzerstörung geht. Das Mülheimer Publikum vergab seinen Preis an Gesine Danckwarts "Täglich Brot", das wie "Push up 1-3" eine szenische Untersuchung der pathologischen Seite der alltäglichen Wettbewerbssituation ist. (APA/dpa)