Europa
Italiens Gewerkschaftsverband CGIL ruft sechsstündigen Streik aus
Regierung Berlusconi spaltet Arbeitnehmerfront im Kampf gegen Aufweichung des Kündigungsschutzes
Rom - Italiens stärkste Gewerkschaft CGIL hat die Italiener
zu einem sechsstündigen Streik gegen die Reformpläne der Regierung
Berlusconi in puncto Aufweichung des Kündigungsschutzes aufgerufen.
Die Streikwelle soll am 20. Juni in der Lombardei beginnen und dann
auf alle anderen italienischen Regionen erweitert werden. Mit dieser
Protestaktion setzt der Verband CGIL, der mit fünf Millionen
Mitgliedern rechnen kann, seine Zerreißprobe mit Regierungschef
Silvio Berlusconi über die umstrittenen Arbeitsmarktreformen fort. Der Streik ist die Reaktion auf den Beschluss Berlusconis, den
Dialog über die Reformen fortzusetzen, aber nur mit den gemäßigten
Gewerkschaftsverbänden CISL und UIL. Der Ministerpräsident kann einen
wichtigen Erfolg feiern. Erstmals seit Beginn des Tauziehens um die
Aufweichung des Kündigungsschutzes, eine Priorität im Programm des
Mitte-Rechts-Kabinetts, gelang es Berlusconi, die bisher stark
geschlossene Gewerkschaftsfront in Italien zu spalten.
Strittige Punkte bündeln
Arbeitsminister Roberto Maroni will alle strittigen Punkte der
Arbeitsmarktreform - Fiskus, Schwarzarbeit, Süditalien und Artikel 18
- in einem neuen Gesetzentwurf bündeln. Während die beiden
gemäßigteren Arbeitnehmerverbände CISL und UIL der Regierung ihre
Dialogbereitschaft bekundeten, zeigt CGIL-Chef Sergio Cofferati
keinerlei Absicht, die Verhandlungen über den umstrittenen Artikel 18
neu aufzunehmen. "Wir erleben eine Phase, in der die Arbeiterrechte
einem beispiellosen Angriff von Seiten der Regierung und der
Unternehmen ausgesetzt werden. Die Gewerkschaften haben die Pflicht,
diese Rechte zu verteidigen", sagte Cofferati.
Neben Cofferati kritisierte auch der Chef der Linksdemokraten (DS,
stärkste Oppositionspartei) Piero Fassino, den Verhandlungstisch, den
Maroni leitet. "Am Verhandlungstisch werden nicht Maßnahmen
diskutiert, die den italienischen Arbeitsmarkt verbessern, sondern
ausschließlich Initiativen zum Abbau der Arbeitnehmerrechte
besprochen", so Fassino.
Arbeitsminister Maroni zeigte sich über die mangelnde
Verhandlungsbereitschaft Cofferatis enttäuscht: "Ich bin verbittert
darüber, dass ein großer Gewerkschaftsverband wie CGIL nicht an einer
wichtigen Dialogrunde über die Zukunft des Arbeitsmarkts teilnehmen
will. In einer derart heiklen Phase der Beziehungen zwischen den
Sozialpartnern ist von allen Seiten Verantwortungsbewusstsein
angebracht." Italien brauche tief greifende Reformen zur Förderung
der Konkurrenzfähigkeit seiner Unternehmen und des
Wirtschaftswachstums, so Maroni. (APA)