Wien - Dass das für vorige Woche geplante Treffen zwischen UNO und Irak in Wien verschoben werden musste, schreibt John Wolf, US-Staatssekretär für Nonproliferation, im STANDARD-Gespräch dem "leichtfertigen Umgang Bagdads mit seinen Verpflichtungen unter den UNO-Resolutionen nach dem Golfkrieg" - der Abrüstung - zu. Wolfs Aufenthalt in Wien diente der Vorbereitungen der nun für den 4. Juli neu angesetzten Runde, die "hoffentlich die letzte sein wird". Man habe den Eindruck, so Wolf, dass die Iraker "Zeit schinden, indem sie über etwas verhandeln wollen, worüber es nichts zu verhandeln gibt". Anfang März, zu Beginn der nach Jahren wieder aufgenommenen Gespräche zwischen UNO und Irak, hatte Iraks Chefverhandler, Außenminister Naji Sabri, dem Sicherheitsrat eine Liste mit Fragen überreicht, darunter sinngemäß die, ob es mit den UN-Resolutionen vereinbar sei, dass die USA ganz offen Putschabsichten gegen Saddam Hussein hegten. Der Sicherheitsrat, sagt Wolf, habe diese Fragen "mit der ihnen gebührenden Missachtung zurückgewiesen". UNO-Generalsekretär Kofi Annan, Hans Blix, Chef der UN-Abrüstungskommission Unmovic, und Mohamed ElBaradei, Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), hätten dem Irak klar kommuniziert, dass es nur eine Frage gebe: Wann wird der Irak seine Abrüstungsverpflichtungen erfüllen? Auch mit "der großen Lüge" - dass es die Sanktionen seien, die die Leiden der Iraker verursachen - wird laut Wolf nun aufgeräumt, mithilfe der neuen Embargoregelungen. Es gebe für den Import ziviler Waren in den Irak keine Behinderungen mehr, dafür klare Regeln für kritische, das heißt für militärische Zwecke einsetzbare Güter. Das mehrere Hundert Seiten starke Warenverzeichnis sei jedoch keine "Das gibt es nicht"-Liste, sondern eine Botschaft an die Verkäufer: Es wird eine besondere Prüfung geben, ob der Irak diese Güter in dieser Quantität braucht, das heißt ob Bestellung und angegebener Zweck zusammenpassen. Manchmal, so Wolf, wird es vielleicht auch passieren, dass eine Bestellung Sinn macht, aber als zu riskant eingeschätzt wird. Fälle wie die der Glasfaseroptik, die für zivile Zwecke bestellt wurde, aber heute das "Rückgrat der militärischen Kommunikation im Irak bilden", oder der Umleitung von für die Landwirtschaft bestimmten Fahrzeugen für das Militär - "wir haben Fotos davon" - sollen nicht mehr vorkommen. Die seltene Einigkeit im UNO-Sicherheitsrat darüber sei ein Signal an potenzielle Lieferanten, dass es keine "humanitären Ausreden" mehr gebe, sagt Wolf. Aber man müsse auch nicht mehr "jede Flasche Milch, die in den Irak geht" kontrollieren. An Washingtons Meinung, dass ein Regierungswechsel in Bagdad nötig sei, werde das alles - eine funktionierende Importkontrolle und, wenn es denn wirklich dazu kommt, Iraks Kooperation mit den Waffeninspektoren - allerdings nichts ändern. Und somit auch nichts an den Gerüchten, dass es im nächsten Frühjahr losgeht. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 5.6.2002)