Wien - Schwere Versäumnisse im Hinblick auf den Konsumentenschutz ortet die SPÖ im Entwurf für die Reform der Gewerbeordnung. So wolle die Regierungskoalition nicht unterbinden, dass Telefon- und Stromverträge mit fragwürdigen Keilermethoden an den Mann gebracht würden, sensible Gewerbe wie der Immobilienhandel und der Verkauf von Versicherungen könnten ohne Zuverlässigkeitsprüfung ausgeführt werden, kritisierte SP-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier am Dienstag. Weiters urgierte der Abgeordnete eine genauere Regelung des unter Jugendlichen immer beliebter werdenden Tätowierens und Piercings - unsachgemäßes Vorgehen habe hier schon zu zahlreichen schweren Gesundheitsschäden geführt. "Dort wo sie liberalisieren müsste, hat die Regierung Chancen vertan, und dort, wo wir Sozialdemokraten und andere gesellschaftliche Gruppen größte Probleme sehen, liberalisiert sie", charakterisierte Maier den aktuell vorliegendenden Gesetzesentwurf, der Ende Mai - gegenüber der Regierungsvorlage leicht verändert - den Wirtschaftsausschuss passiert hat. Haustürgeschäfte Ein besonderer Dorn im Auge ist Maier der Umstand, dass Telekom- und Stromliefervertäge auch in Zukunft über Haustürgeschäfte verkauft werden dürfen. "Den Konsumenten, oft älteren Leuten, wird eingeredet, dass es notwendig ist, einen neuen Vertrag abzuschließen", erzählt Maier. "Wollen sie das nicht, werden sie eingeschüchtert und ihnen vorgetäuscht, dass der Strom abgeschaltet werden könnte." Die Zuverlässigkeitsprüfungen, die nach dem derzeitigen Stand der Dinge nur mehr für 13 "sensible" Gewerbe wie beispielsweise Gas- und Sanitärtechnik oder Kreditvermittlung notwendig sein sollen, sollten auch auf Immobilienhändler- und -makler, Spediteure/Transportgewerbe, Arbeitskräfteüberlassung, Versicherungsagenten sowie Gold-und Silberschmiede ausgedehnt werden. Auch der Pfandleiher solle künftig als freies Gewerbe gelten, warnte Maier. Piercings Bestimmte Piercings und Tätowierungen sollen nach Meinung des SP-Abgeordneten nur mehr von Ärzten ausgeführt werden dürfen - Konsumentenschützer seien beim Piercing und Tätowieren heute schon mit zahlreichen Gesundheitsschädigungen und daraus folgenden Haftungsproblemen konfrontiert. Massive Datenschutzprobleme sieht Maier dagegen bei persönlichen Daten, die von Privatdetektiven und Wirtschafts-Auskunfteien erhoben worden seien. Anders als die von Behörden gesammelten Informationen entbehre die Weitergabe dieser Daten "jeder gesetzlichen Grundlage". Als Beispiel für zu zögerliche Liberalisierung nannte Maier die Regelung für Rauchfangkehrer, die es auch künftig unmöglich mache, einen Rauchfangkehrer aus einem anderen Bundesland zu engagieren - auch wenn dieser örtlich näher sei als sein Kollege im Heimat-Bundesland des Auftraggebers. Grundsätzlich hielt Maier an der Kritik der SP fest, die geplante Gewerbeordnungsreform gefährde die Lehrlingsausbildung vor allem im Handelsbereich. Eine Monitoring-Kommission solle die Auswirkungen der Freigabe des Handels beobachten und auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen. Durch die künftige Möglichkeit, auch in Teilgewerben Lehrlinge auszubilden, befürchtet die SP nicht nur Verschlechterungen in der Ausbildung, sondern auch Probleme bei der Zuordnung von einzelner Berufe zu Kollektivverträgen. (APA)