Wien - Mit Hilfe modernster Festkörper-Lasertechnologie haben Wiener Wissenschafter in den vergangenen Jahren ein neues Diagnoseverfahren für Augenkrankheiten entwickelt, das berührungslos und damit schmerzfrei Untersuchungen des Auges mit bisher unerreichter Genauigkeit ermöglicht. Die so genannte optische Kohärenztomographie wird derzeit im Rahmen eines neuen Christian Doppler-Laboratoriums zur Serienreife weiterentwickelt. Die Forscher um Laborleiter Wolfgang Drexler vom Institut für Medizinische Physik der Uni Wien arbeiten auch daran, das neue Abbildungsverfahren für die frühzeitige Krebsdiagnose in verschiedenen medizinischen Bereichen zu adaptieren. Die optische Kohärenztomographie funktioniert vom Prinzip her ähnlich wie herkömmliche Ultraschall-Untersuchungen. Während aber beim Ultraschall Schallwellen verwendet werden, um mittels Reflexionen ein Bild des untersuchten Gewebes zu rekonstruieren, kommen bei der neuen Methode modernste breitbandige polychromatische Festkörperlaser zum Einsatz. Diese Lichtstrahlen werden von feinsten zellulären Strukturen des untersuchten Gewebes reflektiert. "Damit erreichen wir eine rund 100mal bessere Auflösung als mit herkömmlichen Ultraschall", erklärte Drexler. Berührungslos Die Leistung des Lasers ist mit 500 Mikrowatt äußerst gering, sodass es bei der Untersuchung zu keinerlei Gewebeschäden kommt. Die Lichtpulse, die diese Festkörperlaser aussenden, dauern nur wenige Femtosekunden (der Tausenbillionste Teil einer Sekunde) lang, weil nur bei dieser kurzen Dauer polychromatisches Laserlicht - also Licht mit vielen verschiedenen Wellenlängen - entsteht, das für die Kohärenztomographie notwendig ist. Drexler veranschaulicht mit einem Vergleich die extrem kurze Dauer der Laser-Lichtblitze: "Das Verhältnis einer Femtosekunde im Vergleich zu einer Sekunde ist in etwa so wie jenes von fünf Minuten im Vergleich zum Alter des Universums." Die Wissenschafter können mit der Kohärenztomographie Strukturen bis zur Größe von einem Mikrometer, der Tausendste Teil eines Millimeters, erkennen. Mit einer solchen Genauigkeit konnte man bisher nur totes Gewebe außerhalb des Körpers unter dem Mikroskop untersuchen - weshalb Drexler die neue Untersuchungsmethode als "berührungslose optische Biopsie" beschreibt. Verfahren soll für frühzeitige Krebsdiagnose adaptiert werden In Kooperation mit der Augenklinik des AKH wird bereits ein Prototyp eines optischen Kohärenztomographen erprobt. Es sei aber eine große Herausforderung, das Gerät in eine medizinisch einfach anwendbare Form zu bringen, erklärt Drexler. Daran wird nun im neuen Christian-Doppler-Labor gearbeitet, in dem Drexlers Institut für Medizinische Physik, das Institut für Photonik der Technischen Universität Wien und die Wiener Firma Femtolaser Produktions GesmbH kooperieren. Die Forscher arbeiten derzeit auch intensiv daran, das neue Verfahren für die frühzeitige Krebsdiagnose zu adaptieren. In die Haut dringt der Laser zwar nur - je nach verwendeter Wellenlänge - ein bis vier Millimeter ein, zahlreiche Krebsarten entstünden aber in diesen oberflächennahen Schichten. Interessant wäre es etwa, Schleimhäute im gynäkologischen Bereich oder im Magen-Darm-Trakt mittels optischer Kohärenztomographie zu screenen. Die Untersuchungen im Tierversuch waren vielversprechend, "erstmals erhalten wir damit Informationen aus dem subzellularen Bereich". Die optische Kohärenztomographie bietet aber nicht nur hochauflösende Bilder. Sie besitzt möglicherweise auch das Potenzial, lokalisierte Informationen über die Konzentration chemischer Substanzen sowie den Sauerstoffgehalt im Gewebe Auskunft zu geben und damit den Ärzten weitere Hinweise auf pathologische Veränderungen zu liefern. (APA)