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Muhammad Dahlan, Sicherheitschef im Gazastreifen

Foto: APA/EPA/ Fayez Nureldine
Ende 2000, kurz nach dem Ausbruch der Intifada, schien das Schicksal von Muhammad Dahlan bereits besiegelt: Ariel Sharon, damals noch nicht israelischer Ministerpräsident, beschuldigte den palästinensischen Sicherheitschef im Gazastreifen und Mitglied im palästinensischen Verhandlungsteam beim gescheiterten Nahostgipfel in Camp David, hinter einem Anschlag auf einen Bus jüdischer Siedler zu stehen. Dahlan selbst rechnete damals schon mit seiner "Liquidation".

Heute scheint er vor einem Karrieresprung zu stehen: Der 41-Jährige gilt als zukünftiger Chef aller palästinensischen Sicherheitsdienste nach deren geplanter Reform und Reduzierung von zwölf auf drei oder vier. Aber nicht nur für diesen Posten sollen ihn die USA favorisieren, sondern auch darauf spekulieren, dass Dahlan, wenn es so weit ist, Yassir Arafat an der Spitze der Autonomiebehörde nachfolgen könnte.

Die Amerikaner kennen Dahlan tatsächlich recht gut. Er hat während des Oslo-Prozesses immer mehr oder weniger brav mit der CIA zusammengearbeitet, wenn es darum ging, gegen die Islamisten der Hamas vorzugehen, die er reihenweise verhaften ließ. Der Hamas warf er in Interviews unverblümt vor, 1996 die Wahl Benjamin Netanyahus herbeigebombt zu haben. Genauso hielt er sich damals nicht gegen die israelische Politik zurück, für die die palästinensische Polizei die "Drecksarbeit" mache, während Israel selbst den Friedensprozess verzögere und damit die palästinensischen Extremisten stärke.

In Washington soll vor allem Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice vom stets geschniegelten Pragmatiker angetan sein, der 1961 in einem Lager im Gazastreifen als Kind von Flüchtlingen aus einem Dorf bei Ashkelon geboren wurde. Ab Beginn der Achtzigerjahre, als Dahlan als Geografiestudent an der Islamischen Universität gemeinsam mit Abu Jihad die Fatah-Jugendorganisation Shabiba organisierte, ging er in israelischen Gefängnissen ein und aus, bis er 1987 nach Jordanien deportiert wurde. Danach hielt sich der mittlerweile des Hebräischen mächtige Dahlan in Kairo und Bagdad auf, bis er in Tunis zu Arafat stieß, mit dem er 1994 im Triumph nach Gaza zurückkehrte. Im selben Jahr wurde er von Time in der Rubrik der "100 nettesten Jungpolitiker" geführt.

Dahlan, Vater dreier Kinder, schaut nicht nur auf sein Äußeres, er wohnt auch in einer Villa, auf deren - angesichts des Elends im Gazastreifen unpassenden - Pomp ihn sogar Arafat verärgert angesprochen haben soll. Aber obwohl sein Name auch im Zusammenhang mit Korruption oder zumindest mit undurchsichtigen Geschäften - dabei geht es um Monopole in den Palästinensergebieten - genannt wird, bleibt irgendwie nichts an ihm picken.

(DER STANDARD, Printausgabe, 3.6.2002)