Der Knall war unüberhörbar. Er ereignete sich im Jahrzehnt der unbegrenzten Möglichkeiten im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, konkreter gesagt in den 1950er-Jahren in Detroit. Selbst das entfernte Europa vernahm ihn mit ungläubigem Staunen. Schon immer war das Auto fester Bestandteil des legendären American Dream gewesen, doch jetzt erst erreichte dieser Traum seine Vollendung. Davon, dass sein Name zum faszinierendsten Synonym desselben würde, hätte der französische Offizier Antoine de la Motte Cadillac im späten 17. Jh. noch nicht einmal zu träumen gewagt. Nachdem er jedoch 1701 Detroit, die spätere Keimzelle der auto-mobilen Gesellschaft gegründet hatte, musste sein Name beinahe zwangsläufig zu einem Denkmal werden. Cadillac nannten sie sich, dazu noch Fleetwood, Eldorado oder De Ville, jene hochfliegenden Autoträume, welche damals alle Herzen höher schlagen ließen. In Europa, wo das Wirtschaftswunder die tiefen Wunden der jüngeren Vergangenheit allmählich heilte, besaß diese Inkarnation eines Automobils eine nahezu charismatische Ausstrahlung. In ihrer ungestümen Pracht repräsentierte sie in nahezu idealer Weise den verlockenden "American Way of Life", das ehrgeizige Streben nach Wohlstand, Prestige und Urbanität. Sehn- süchtig richteten sich die Blicke auf das schier unerschöpfliche Potenzial an Phantasie, welches Harley Earl, Chefdesigner von General Motors, im Cadillac zum Opus Magnum entfaltete. Mit zunehmender gestalterischer Verwegenheit tauchte aber auch immer häufiger die Frage auf, wann die ästhetische Schmerzgrenze des Publikums hinsichtlich verformten Stahls wohl erreicht sei. Die Antwort gab der Cadillac Sedan De Ville von 1959. Jener ungekrönte König aller Heckflossen-Automobile markierte den denkwürdigen Zenit einer überschwänglichen Epoche opulenter, neobarocker Fiktionen. Danach begann Obsolescence, das amerikanische Zauberwort der legendären "Fünfziger", seine Faszination zu verlieren. Die kalkulierte Veralterung eben noch moderner Formen, Ursprung des Wirtschaftswunders, verfing immer weniger. Die Tatsache, dass das Debüt eines Modells wegen seines exaltierten Designs aufs Jahr genau bestimmt werden konnte, wirkte an der Wende zum nächsten Jahrzehnt eher abschreckend. Die chromblitzende Verbrämung funktionsdominierten technischen Geräts hatte sich schlichtweg überlebt. Der Weg zur neuen Sachlichkeit war offen. 1962 löste die schnittige Boeing 707 als Prototyp moderner Mobilität die vergleichsweise barock wirkende "Super Conny" ab. Und beim 1963-er Coupé De Ville besannen sich die Cadillac-Designer wieder auf das Wesen eines Automobils. Der Name De Ville war und blieb also in aller Munde. In dieser umwälzenden Epoche, 1967 genau, lancierte Omega seine neue Uhrenlinie "De Ville". Und die Entscheidung, die schwierigste aller Synthesen, nämlich diejenige aus Modernität und Zeitlosigkeit zu wählen, erwies sich von Anfang an als richtig. Seit damals gehören die "De Ville"-Armbanduhren zu jenen mustergültigen Produkten ersten Ranges, welche sich per definitionem "Klassiker" nennen dürfen. Das Zeug zu einem derartigen Klassiker besitzt mit Sicherheit die neuste "De Ville"-Kreation. Nicht nur in gestalterischer, sondern vor allem in technischer Hinsicht. Beim brandneuen Omega-Kaliber 3313 (Durchmesser gut 27 mm) mit automatischem Aufzug handelt es sich in der Tat um ein Opus technicus der besonderen Art, abgeleitet vom sog. "Broad Arrow"-Kaliber 3303, dessen Konstruktionsmerkmale folgendermaßen lauten: Durchmesser 27 mm, Selbstaufzug durch Zentralrotor, Gangautonomie 55 Stunden, klassisches Schaltrad zur Steuerung der Chronographenfunktionen, koaxiale Reibungskupplung zur Verbindung von Räderwerk und Stoppmechanismus, Zählwerke für 30-Minuten und 12-Stunden. Nach Vollaufzug steht eine Gangautonomie von etwa 55 Stunden zur Verfügung. Die Unruhfrequenz von 28.800 A/h ermöglicht auf die Achtelsekunde genaue Stoppungen. Als die Ingenieure 1996 mit der Konstruktion dieses "Zeitschreibers" begannen, dachten sie natürlich schon einen Schritt weiter. Und der bestand in einer Kombination mit der "Koaxialen Ankerhemmung" des englischen Meister-Uhrmachers George Daniels. Dadurch reduziert sich die Reibung beim impulsgebenden Element ganz beträchtlich. Der daraus resultierende Verzicht auf Öl eliminiert die Einflüsse der Schmiermittel-Viskosität auf die Amplitude des Schwingsystems. Die Wartungsintervalle können deutlich gestreckt werden. Einen interessanten Kontrast zur innovativen Technik stellt das nostalgisch anmutende Outfit mit markanten Bandanstößen, aber ohne verräterische Elemente des Vergänglichen dar. Zum markanten Gehäuse passt das aus rund 250 Teilen komponierte Metall-Armband ideal. Ganz besonderes Lob gebührt schließlich den Zifferblattgestaltern: Sie unterteilten den schmalen Platz zwischen zwei Sekundenmarkierungen mit drei Strichen. So, und nur so lassen sich bei der vorgegebenen Unruhfrequenz von vier Hertz auf Sekundenbruchteile genaue Stoppungen indizieren. "Die gute Form", erkannte der amerikanische Designer Raymond Loewy schon 1958, als dem legendären Cadillac "De Ville" immer größere Heckflossen wuchsen, "ist der moralische und ethische Anspruch, den der Mensch in unserer Zeit an die Gegenstände seiner Umgebung das Recht zu stellen hat." Gisbert L. Brunner/DER STANDARD, Rondo, 31.5.2002