Im Sommer 2001 machten The Streets zum ersten Mal auf sich aufmerksam. „Has it come to this?“, ein von einem nervösen 2step-Beat getragener, mit einer Keyboardlinie unterlegter Garage-Track beschrieb ironisch den Alltag im Südlondoner Sozialbau – zwischen Videothek, Playstation und einer nicht zu knappen Dosis seltsam riechender Rauchware. In dem von Glamour und Selbstüberschätzung getragenen Genre des so genannten UK-Garage, einem außerhalb der Insel kaum wahrgenommenen Stil-Konglomerat aus House, Hardcore und R&B, wurde ein selbstbewusstes Statement gesetzt, das unterlegt von eilig zusammengebastelten Beats die kleinen Freuden des Lebens in der Satellitenstadt auslotete – „don´t forget the rizla“.

Hinter The Streets – der Plural ist ein wenig irreführend – verbirgt sich der 24-jährige Mike Skinner aus dem Londoner Stadtteil Brixton. Mit seinem Anfang Mai erschienen Debütalbum „Original Pirate Material“ avancierte er über Nacht zum Liebling der internationalen Musikpresse. Vergleiche mit dem rappenden Bürgerschreck Eminem wurden bemüht, Skinner wurde gar zum „Bob Dylan der Fastfood-Generation“ hochgejubelt. Und tatsächlich ist dem Mitzwanziger mit „Original Pirate Material“ ein großer Wurf gelungen.

Tief ins Südlondoner Lokalkolorit eingefärbt unternimmt er eine Tour de Force durch die Welt der rhymes & beats, die weniger durch ihre soundtechnische Ausgefeiltheit als durch ihren Einfallsreichtum besticht. Rund um fette 2step-beats implementiert Skinner in variierenden Tempi Ragga-, Ska-, Funk- und HipHop-Elemente in seine eher rau produzierten Sound-Tapeten. Darüber übt er sich unaufgeregt im sozialrealistischen Sprechgesang oder versucht sich im eminemesken Rollenspiel („too much brandy“). Ein Album, das vom balladesk-pathetischen Rührstück „stay positive“ abgesehen kaum Schwachpunkte aufweist und immer wieder aufs Neue überrascht. (dx)