Soziologe und Autor des 1950 erschienen umstrittenen Buches "Die einsame Masse" starb 92-jährig
Redaktion
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Binghampton - Der amerikanische Soziologe David Riesman,
Autor des gesellschaftskritischen Bestsellers "Die einsame Masse",
ist tot. US-Medien berichteten Riesman sei am Freitag im
Alter von 92 Jahren in Binghampton (US-Staat New York) gestorben.
Riesman war seit 1949 Professor für Sozialwissenschaften an der
Universität Chicago, von 1958 bis 1981 lehrte er an der Harvard
Universität. Er hatte seine "Studie vom veränderten amerikanischen
Charakter", so der Untertitel des Buches, 1950 mit Reuel Fenney und
Nathan Glazer herausgegeben.
USA der Fünfziger Jahre: "an anderen orientiert"
Millionen von Amerikanern bedienten sich damals des Lehrbuchs, um
Nachbarn, Kollegen und Freunde zu analysieren und Riesmans drei
Kategorien zuzuordnen - "nach innen gerichtet", "an Traditionen
orientiert" oder "an anderen orientiert". Riesman selbst ordnete das
Amerika von 1950 der dritten Kategorie zu und schrieb, dass eine vom
Konsum beherrschte Gesellschaft mit stagnierender oder abnehmender
Bevölkerungszahl ihre Dynamik einbüße und sich mehr an anderen als an
den eigenen Idealen messe.
Auslöser von Diskussionen und weitere Analysen
"Die einsame Masse" löste landesweite Diskussionen und nagende
Selbstkritik unter Amerikanern aus. Das Buch war außerdem der Anstoß
für eine Reihe weiterer Nachkriegsklassiker, die die alarmierende
Verfassung der US-Gesellschaft untersuchten, unter anderen "The
Greening of America" von Charles Reich und "Das andere Amerika" von
Michael Harrington.
Andere Studien Riesmans fanden weniger Beachtung
Der am 22. September 1909 in Philadelphia geborene Riesman gab
1952 zusammen mit seinem Ko-Autoren Glazer ein Begleitwerk zur
"Einsamen Masse" heraus, "Faces in the Crowd: Individual Studies in
Character and Politics". Er veröffentlichte bis in die 80er Jahre ein
gutes Dutzend weiterer Studien, unter anderem auch zum
Erziehungswesen in den USA. Aber keines von ihnen fand ein
vergleichbares Echo wie seine erste Gesellschaftsanalyse. (APA/dpa)
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