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Nepal - die offizielle Seite

Foto: Archiv
Bis vor kurzer Zeit war es selbstverständlich, dass Kinder in Nepal bis zu einem Alter von 16 Jahren ohne Schuld mit hinter Gitter mussten, wenn ihre Eltern inhaftiert wurden. Gerade die Mädchen, schwächste Glieder in einem hinduistischen Kastenstaat, dämmerten oft einem ungewissen Schicksal entgegen, Missbrauch und Krankheiten in überfüllten Zellen ausgesetzt. Dem ehemaligen Polizeioffizier Moktan Singh gelang es, mehrere dieser Kinder freizubekommen. Tbc-geplagt, von Würmern gepeinigt, abgemagert und verlaust wurden sie im Haus seiner Familie in Kathmandu aufgenommen. Was als Privatinitiative begann, sprach sich über Nepal-Touristen bis zu Sponsoren aus Österreich und Deutschland herum. Heute leitet der engagierte Nepalese mit dem Parizat Nestling Home eine vorbildlich geführte Institution: 24 Mädchen haben eine sichere Herberge im Stadtteil Harigown gefunden. Dank privater Stipendien besuchen sie eine Schule und erhalten sogar morgendlichen Karate-Unterricht: "Das stärkt ungeheuer das Selbstbewusstsein", kommentiert die amerikanische Volontärin und Englischlehrerin Beth Brewster. Dennoch ist die Zukunft der "grassroots children" - ein Bodensatz der nepalesischen Gesellschaft - keineswegs gesichert. Junge Frauen ohne Familie haben geringe Chancen, in einem von hinduistischen Männern dominierten Alltag zu bestehen. Kanchis Mutter erwähnt als Beispiel: Als sie zu zehn Jahren Kerker wegen Goldschmuggels verurteilt wurde, hat sich ihr Ehemann mit unbekanntem Ziel abgesetzt, ohne jegliches Interesse an seiner Tochter. Zwar ist die Mutter froh, dass ihr Kind das finstere Verlies mit der sauberen Atmosphäre im Parizat-Heim vertauschen durfte. Doch bei ihrer Entlassung wird die jetzt neunjährige Tochter erwachsen sein und für eine ausgemergelte Gefängnis-Mutter sorgen müssen; wie soll sie das tun? Herr Moktan führte viele Gespräche mit dem österreichischen Verein ICEK in Salzburg, der seit zwei Jahren die Bemühungen im "Nepal-Projekt" auf nationaler und internationaler Ebene bündelt. Jetzt wurde beschlossen, in hochqualitative Ausbildung zu investieren. Neben dem Wohnheim in Kathmandu ist noch Platz für ein kleines Berufsschulzentrum. Drei Lehrqualifikationen für die werdenden Frauen sind in Ausarbeitung: "Mode, Design & Schneiderei", "Computer, Texten & Kommunikation" und "Touristik, Hotellerie & Restauration" - Angebote, die auch anderen Jugendlichen in Not für eine bessere berufliche Selbstständigkeit offen stehen sollen. Sponsoren werden dringend gesucht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4. /5. 5. 2002)