Woomera - Mehr als einem Dutzend Internierten des südaustralischen Flüchtlings-lagers Woomera ist am Freitagabend der Ausbruch gelungen. Zuvor hatten mehrere Hundert Protestierende den äußeren Zaun des Lagers durchbrochen. Eine Gruppe von Inhaftierten nutzte daraufhin die Gelegenheit, um über zwei mit Stacheldraht besetzte innere Zäune zu klettern und in der wartenden Menge von Demonstranten unterzutauchen.Beobachter meldeten, dass mehrere der Geflohenen - darunter auch ein Kind - Verletzungen hatten. Berittene Sicherheitskräfte versuchten mit Gewalt, die Demonstranten am Eindringen in den inneren Bereich des Lagers zu hindern und die Geflohenen festzunehmen. Am Abend stellte die Polizei weiträumig Straßensperren auf. Die Ausschreitungen waren die Folge mehrerer Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitsbeamten und Demonstranten während des Tages. Die Protestierenden hatten erklärt, die Anlage am Samstag stürmen und die Flüchtlinge befreien zu wollen. In den kommenden Tagen werden in Woomera mehrere Hundert weitere Demonstranten erwartet. Besuche verboten Der australische Immigrationsminister Philip Ruddock hat den Anwälten der Flüchtlinge den Besuch der Anlage während der Osterfeiertage untersagt. Das Flüchtlingslager im Norden der südaustralischen Wüste ist seit Monaten Ziel scharfer Kritik. Woomera und ein halbes Dutzend weiterer Lager werden für den Vollzug der von Australien verfolgten Praxis der Zwangsinternierung so genannter "illegaler Flüchtlinge" benutzt. Die meist aus dem Irak, Afghanistan und Iran stammenden Asylbewerber kommen ohne notwendige Papiere ins Land; in den meisten Fällen auf Booten. Unter den mehreren Tausend Festgehaltenen befinden sich mehrere Hundert Kinder. Sie müssen monate-, manchmal sogar jahrelang auf einen Entscheid über ihr Asylgesuch warten. Mehr als 90 Prozent aller Antragsteller werden schließlich als Flüchtlinge anerkannt. Vertreter von Kirchen, verschiedene humanitäre Organisationen und die UNO haben die Zustände in den Lagern als unmenschlich verurteilt. Die Regierung in Canberra will trotzdem an der Praxis festhalten und deportiert seit vergangenen August alle neu ankommenden Flüchtlinge auf verschiedene Pazifikinseln. In Ländern wie Nauru werden sie in von Australien errichteten Lagern interniert. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31.3./1.4.2002)