Wirtschaft
Immobilienfonds-Gesetz kommt frühestens Anfang 2003
Abfluss von Geldern in boomende deutsche Fonds befürchtet
Wien - Das lang erwartete Immobilieninvestmentfondsgesetz
wird statt Anfang Juni voraussichtlich frühestens Anfang 2003 in
Kraft treten, heißt es in jüngsten Medienberichten. Das Gesetz sollte
im März den Ministerrat passieren, bis Herbst 2002 hätten die ersten
Immobilienfonds angeboten werden können, doch dieser Zeitplan sei
inzwischen hinfällig, wie die Tageszeitung "Die Presse" heute,
Freitag, schreibt. Das "WirtschaftsBlatt" hatte schon am Donnerstag
berichtet, der Gesetzentwurf werde erst im Herbst in den Ministerrat
eingebracht - und zwar gemeinsam mit den Budgetbegleitgesetzen.Böhmdorfer legt sich quer
Gründe für die Verzögerung gibt es laut "Presse" offenbar mehrere.
Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) bestehe in seiner Eigenschaft
als oberster Konsumentenschützer dem Vernehmen nach auf einigen
Veränderungen im Gesetz, welche die Stellung der Anleger betreffen. Auch bei der steuerlichen Behandlung der Fonds scheine es Bedarf
für Nachbesserungen zu geben. Bei Immobilienfonds wird, anders als
bei Immobilienaktien, teilweise vom Fiskus auch auf Wertsteigerungen
durchgegriffen - und wie die Immobilienfonds steuerlich behandelt
werden, solle nun erst im Rahmen der Steuerreform fixiert werden.
"Das Gesetz wird im Herbst im Rahmen der Budgetbegleitgesetze
eingebracht werden. Mehr ist dazu nicht zu sagen", hieß es auf
Anfrage des "WirtschaftsBlatt" im Finanzministerium. Wann im Herbst
das Gesetz den Ministerrat passieren soll, war nicht zu erfahren.
Abfluss von Geldern befürchtet
Für die Immobranche ist der Aufschub ärgerlich, aber kein Grund
zur Sorge. Raiffeisen-KAG-Chef Mathias Bauer zum "WirtschaftsBlatt":
"Nach zehn Jahren Wartezeit auf das Immofondsgesetz kommt es auf ein
paar Monate auch nicht mehr an. Außerdem wäre der geplante Termin im
Juni knapp geworden. Durch diesen Aufschub können sich alle
Beteiligten besser vorbereiten." Wirtschaftskammer-Syndikus Herbert
Pichler warnt in der Zeitung: "Wenn sich Österreich mit den Fonds zu
lange Zeit lässt, wird es zu spät. Die Anleger-Gelder werden in
Immofonds anderer Länder, vor allem nach Deutschland, abfließen."
Die offenen Immobilienfonds in Deutschland erfreuen sich derzeit
Rekordzuflüssen, wie es sie noch nie in ihrer Geschichte gegeben hat.
Schon 2001 war mit 7,3 Mrd. Euro Nettozufluss ein Rekordjahr, ähnlich
gute Ergebnisse wurden davor nur 1993 und 1999 erzielt. Und bereits
jetzt ist zu erwarten, dass das Jahr 2002 diese Ergebnisse noch
überbieten wird, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) am
Donnerstag berichtet hatte: Allein im Jänner 2002 flossen 3,46 Mrd.
Euro in die offenen Immobilienfonds, bis März nach Schätzung der
Ratingagentur Moody's etwa 5,3 Mrd. Euro. Moody's startet in Kürze
mit der Bewertung von 17 der 18 in Deutschland zum Vertrieb
zugelassenen offenen Immobilienfonds. Insgesamt verwalten die offenen
Immobilienfonds in Deutschland derzeit rund 55 Mrd. Euro Vermögen. (APA)