EU
Reichhold will Transitstreit auf Schadstoffreduktion beschränken
FP- Verkehrsminister schwächt Drohungen ab: Erweiterungsblockade stehe nur "im Raum"
Brüssel/Wien - Verkehrsminister Mathias Reichhold schwächte
heute seine gestrigen Vetodrohungen im Zusammenhang Transitvertrag
und EU-Osterweiterung etwas ab. "Wir wissen, welche politischen und
rechtlichen Möglichkeiten wir haben. Diese stehen im Raum, aber wir
machen davon nicht Gebrauch", sagte Reichhold am Dienstag beim
EU-Verkehrsrat in Brüssel. In der Diskussion über die Zukunft des
Transitverkehrs sei für Österreich vor allem wichtig, über eine
dauerhafte Absenkung der Schadstoffe nachzudenken. Die im
Transitvertrag verankerte nachhaltige Schadstoffabsenkung um 60
Prozent sei noch nicht erreicht. Diese Haltung mache Österreich stark und sei politisch und
rechtlich zu argumentieren, so Reichhold. Man müsse einfach zur
Kenntnis nehmen, dass es für die Weiterführung der Mengenbeschränkung
im Transitvertrag (108-Prozent-Klausel) keine Unterstützung gebe.
"Wenn es keine Bündnispartner gibt, gibt es eben keine", so der
Minister lakonisch.
Derzeit hätten die Länder mittels Umweltgesetzen die stärksten
Instrumente zur Verkehrslenkung in der Hand, beispielsweise
Nachtfahrverbote, sobald Immissionsgrenzwerte überschritten würden.
Verkehrspolitisch begründete Nachtfahrverbote auf Bundesebene seien
hingegen nur nach Absprache mit der EU-Kommission möglich.
Aus Tirol erhielt Reichhold heute Schützenhilfe und Ablehnung.
Tirols VP-Chef Herwig von Staa erklärte, die Bemühungen des Ministers
verdienten "wohlwollende Beachtung". Reichhold sei der Erste gewesen,
der "deutliche Worte" gefunden habe und die Position Tirols und
Salzburgs unterstütze. Zudem habe Reichhold rechtliche
Umsetzungsmaßnahmen zur Schadstoffreduktion angekündigt.
Anders äußerten sich Tiroler Oppositionspolitiker. SP-Klubobmann
Walter Guggenberger erklärte, "Abweichungen" vom Tiroler
Landtagsbeschluss seien "nicht zu akzeptieren". Der Grüne Klubobmann
Georg Willi sagte: "Mit Schuldverschieben löst man kein
Transitproblem". Guggenberger nannte es aber auch "unfair", Reichhold
die "alleinige Schuld in die Schuhe zu schieben". Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel (V), Ex-Verkehrsministerin Monika Forstinger (F)
und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hätten schon im Dezember
2001 die 108-Prozent-Klausel "kampflos preisgegeben".
Eisenbahnergewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl erklärte, Reichhold
müsse "mit der Brechstange das Versagen seiner Vorgängerin Monika
Forstinger ausbügeln".
Der deutsche Verkehrsminister Kurt Bodewig wies heute auf den von
Deutschland unterstützten "Schutz der Alpenregion" hin. Eine
Sonderregelung für ein Land könne es aber nicht geben. Deutschland
müsse den Vorschlag der EU-Kommission zur Verlängerung des
Ökopunktesystems nach 2003 "sehr sorgfältig prüfen", sei aber
jederzeit zu Gesprächen mit Italien und Österreich bereit.
Die Zukunft der Ökopunkteregelung wurde heute auch im
Umweltausschuss des Europaparlaments behandelt. Die Abgeordneten
sollten zum Vorschlag der Kommission Stellung nehmen, für 2004 ein
bis maximal 2006 verlängerbares Ökopunktesystem einzurichten. Dabei
sprachen sich drei österreichische Abgeordnete für und zwei
italienische Abgeordnete gegen die Verlängerung aus.
Für die Mitte April vorgesehene Abstimmung zum Ökopunktevorschlag
wird ein sehr knappes Ergebnis erwartet. Allerdings ist nicht der
Umwelt- sondern der Verkehrsausschuss in dieser Frage federführend.
Außerdem entscheidet sich im EU-Parlament die endgültige Position
erst in der Plenarabstimmung, voraussichtlich vor dem Sommer.
Für Mitte Mai ist in Italien ein Treffen der Verkehrsminister aus
Italien, Österreich und Deutschland mit EU-Kommissarin Loyola de
Palacio über den Verkehr auf der Brennerachse vorgesehen, Reichhold
erhofft für Juni formelle Entscheidungen.
Die Beratungen im EU-Verkehrsrat sind derzeit noch im Gang. (APA)