Paris - Mit 14 Jahren wusste er nicht nur, dass er Maler werden wollte. Er glaubte auch felsenfest daran, dass er die universelle Wirklichkeit der Malerei entdecken würde. Unter dem Titel "Mondrian de 1892 a 1914, les chemins de l'abstraction" (Mondrian von 1892 bis 1914, die Wege der Abstraktion) zeigt das Pariser Musee d'Orsay bis zum 14. Juli mehr als 100 Werke des niederländischen Malers Piet Mondrian. Im Mittelpunkt der Retrospektive stehen die ersten Künstlerjahre und sein Aufenthalt in Paris zwischen 1912 und 1914. "In dieser Zeit variierte Mondrian seine Sujets und seine Farbpalette besonders häufig. Er suchte die universelle Wirklichkeit, die ihn schließlich zur Abstraktion führte", erklärte die Museumsleitung. Die Ausstellung, die erste große Veranstaltung, die Frankreich nach mehr als 30 Jahren dem Begründer des Neoplastizismus widmet, ist chronologisch aufgebaut und beginnt mit seinen ersten Landschaftsbildern und Stillleben, die noch in der Tradition der holländischen Malerei des 19. Jahrhunderts stehen. Bauern am Waldrand oder Frauen beim Waschen gehören zwischen den Jahren 1893 und 1895 noch zu seinen Lieblingsthemen, die er in verhaltener Farbpalette ausführte. "Passiebloem" Doch nur wenige Jahre später wurden seine Abbildungen abstrakter und seine Farben kräftiger und kontrastreicher. Einige seiner Werke nähern sich unter anderem auch dem Symbolismus an wie zum Beispiel "Passiebloem" (Passionsblume). Das 1901 entstandene Aquarell stellt eine meditierende Frau dar, auf deren Schultern Passionsblumen wachsen. Seine Abbildungen von Wäldern, bei denen nur Baumstämme zu sehen sind, deuten ebenfalls auf das Interesse für diese Bewegung hin, zu der er sich jedoch offiziell nie bekannte. Zwischen 1908 und 1911 begannen sich dann Ansätze des Impressionismus und des Fauvismus zu zeigen wie etwa in der Reihe seiner Bilder vom "Leuchtturm in Westkapelle" und "Windmühle im Sonnenlicht". Bei diesen Ölgemälden beschränkte sich Mondrian vorwiegend auf die Farben Gelb, Rot, Blau und Rosa. Der Einfluss von Seurat, van Gogh und Matisse ist deutlich zu erkennen. Kubismus In Paris schließlich erhielt seine künstlerische Entwicklung einen starken Impuls durch den Kontakt mit den Kubisten. "Ich spürte, dass nur die Kubisten auf dem richtigen Weg waren; und lange Zeit ließ ich mich von ihnen beeinflussen", erklärte Mondrian. Auf seinen Abbildungen, die überwiegend Bäume darstellten, überwogen nun die horizontale Linienführung und die Farben Grau, Weiß und Schwarz. Vor allem der französische Dichter und Kunstkritiker Guillaume Apollinaire war von seinen Baumabbildungen begeistert, die er zu den "bemerkenswertesten Werken überhaupt" zählte. Universelle Wirklichkeit Doch auch der Kubismus befriedigte Mondrian auf seiner Suche nach der universellen Wirklichkeit der Malerei nicht. "Allmählich wurde mir bewusst, dass der Kubismus nicht die logischen Konsequenzen seiner eigenen Entdeckungen tragen wollte", schrieb Mondrian und begann seine Bildflächen in Gitterwerke einzuteilen. Die aus diesem Ansatz entstandenen Werke bestanden letztlich nur noch aus dem Spannungsverhältnis von horizontalen und vertikalen Linien in den Primärfarben Rot, Gelb und Blau sowie den Nicht-Farben Schwarz und Weiß. Als er 1914 wieder nach Holland zurückkehrte, war aus dem traditionellen Landschaftsmaler und Porträtisten der Begründer des Neoplastizismus und der Meister der geometrischen Abstraktion geworden. (APA)