Wien - Die Scharia ist das islamische Gesetz, das individuelle und kollektive Rechte und Pflichten der Moslems regelt. Sie geht auf den Koran und die Sunna, die moslemische Tradition, zurück. In islamischen Staaten wird sie mehr oder weniger streng angewendet. Sie regelt das religiöse, politische, gesellschaftliche und individuelle Leben der Moslems. Das religiöse Leben besteht vor allem in der Erfüllung von fünf rituellen Verpflichtungen, den "Säulen der Religion". Neben dem Glaubensbekenntnis sind das Gebet, das Fasten, das Spenden von Almosen und die Pilgerfahrt. Die Pilgerfahrt, Hadj, nach Mekka ist eine wichtige religiöse Zeremonie, die auch eine politische Bedeutung hat, weil sie Moslems aus der ganzen Welt zusammenführt. Die Scharia regelt unter anderem durch das Strafrecht auch das soziale Leben. Das Strafrecht sieht für Raub die Todesstrafe vor, Ehebruch kann mit 100 Peitschenhieben bestraft werden, Dieben wird eine Hand abgehackt. Ehebruch kann auch mit dem Tod durch Steinigung bestraft werden. Im Islam sind drei mögliche Arten der Ehescheidung vorgesehen: die vom Kadi (dem moslemischen Richter) ausgesprochene Scheidung, die Scheidung in beiderseitigem Einverständnis und die einseitige Verstoßung durch den Ehemann. Das soziale Leben gründet auf dem Begriff der Gemeinschaft, der Umma. Die Gemeinschaft der Gläubigen mit ihren Prinzipien der Brüderlichkeit und absoluten Gleichheit steht über der nationalen oder rassischen Zusammengehörigkeit. Der Dschihad, der heilige Krieg, den die Taliban-Milizen ausgerufen haben, ist keine individuelle, sondern eine gemeinschaftliche Pflicht und wird im Allgemeinen nicht als fundamentale Pflicht angesehen. Nach dem Gesetz kann jeder, der ausreichende Kenntnis der Scharia hat, zum Richter berufen werden. Die exekutive Gewalt wird von dem Vertreter Gottes ausgeübt. Der Erste war der Prophet Mohammed. Nach der islamischen Theologie ist der "Herrscher der Gläubigen" in der "Umma" nicht nur religiöses Oberhaupt, sondern auch politischer Führer.(APA)