STANDARD: Sie sind in den Gesellschaftskolumnen immer wieder mit Tracht und Krachledener abgebildet. Wie passt das zu einem Chef eines international agierenden Hochtechnologieunternehmens? Androsch: Das ist überhaupt kein Problem. Es geht beides. Ich bin als Bub im Ausseerland aufgewachsen und ich hab' schon damals immer Lederhosen getragen, das ist für mich ein Stück Identität. STANDARD: Als sozusagen zuag'raster Ausseer, aber vor allem auch als ehemaliger CA-Chef und Finanzminister waren Sie intensiv mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Steiermark konfrontiert. Was hat sich verändert? Androsch: Was wir seinerzeit hier angetroffen haben, war ein Industriefriedhof. Donawitz war vor dem Zusperren, es war eine Katastrophe. Die Politik hatte sich damals vehement gegen Anpassungen gewehrt und alles blockiert. STANDARD: Was initiierte die Wende? Androsch: Zwei Dinge waren entscheidend: Zum einen verbesserten wir die verheerende Infrastruktur. Es wurde die Südautobahn fertig, die Pyhrn, die Mürztalschnellstraße, der Gleinalmtunnel. Und dann konnte die Verstaatlichte aus der Umklammerung der Politik weitgehend befreit werden. STANDARD: Welchen Anteil hatte die steirische Politik? Androsch: Wirtschaftlandesrat Herbert Paierl ist hier sehr bemüht, mit seinen wenigen Möglichkeiten einzuwirken. Wann immer ich mit AT & S mit ihm und der Wirtschaftspolitik zu tun hatte, habe ich ihn als sehr effizienten Partner erlebt. Was politisch sicher auch gelungen ist, ist die Errichtung von Fachhochschulen. Das war ein Volltreffer. Wobei auf dem Gebiet der Bildung noch zu wenig getan wird. Vor allem im Bereich des Fremdsprachenunterrichtes. STANDARD: Der wirtschaftliche Umschwung scheint geschafft, woran hapert's noch, wo liegen die Schwachpunkte? Androsch: Die größten Defizite liegen in der Infrastruktur. Die letzten 20 Jahre ist hier einfach nichts weitergegangen. Das Ennstal ist eine Katastrophe, hinter Judenburg hört die Schnellstraße auf, vom Semmeringtunnel gar nicht zu reden. Hier muss rasch etwas geschehen. STANDARD: Als ehemaliger SPÖ-Politiker werden Sie ja wohl auch die Entwicklung der steirischen SPÖ beobachten. Warum tut sie sich gegen die ÖVP von Landeshauptfrau Waltraud Klasnic so schwer? Androsch: Die steirische SPÖ ist zu sehr mit sich selber beschäftigt gewesen. Und dann ist mit diesen alten Kalauern ganz einfach heute keine Erbschaft mehr zu machen, das geht gegen den europäischen Trend. Da muss sich was ändern. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 25.3.2002)