Wien/Bregenz/Bozen - Die Hochwassersituation in Ostösterreich hat sich über das Wochenende entspannt. Die Pegel der großen Flüsse sanken langsam, aber stetig. Der Westen des Landes wurde unterdessen von einem Wintereinbruch überrascht. Schneefälle führten zu chaotischen Zuständen auf Straßen.

In Tirol kam der Verkehr auf der Fernpassstrecke im Außerfern immer wieder zum Stillstand. Hauptgrund war die schlechte Winterausrüstung vieler Urlauber. Schon Samstagabend mussten für 380 Personen in Reutte in der Hauptschule und bei der Rettung Notquartiere eingerichtet werden.

Sonntag wurde in Tirol versucht, mit Verkehrslenkungsmaßnahmen die nachkommenden Urlauber aus Deutschland zu großräumigem Ausweichen zu bewegen. Die Silvretta-Hochalpenstraße, die Timmelsjoch-Hochalpenstraße und der Staller Sattel blieben gesperrt. Auch die Pitztal Landesstraße war wegen Lawinengefahr unpassierbar.

In Salzburg musste die Tauernautobahn (A10) in Fahrtrichtung Süden für Stunden gesperrt werden, weil zahlreiche Fahrzeuge vor dem Tauerntunnel kreuz und quer auf der Fahrbahn standen. Auch Vorarlberg blieb nicht verschont: Im Arlberggebiet und hinteren Bregenzerwald fielen 50 Zentimeter Neuschnee.

Tourengeher verirrt

In Südtirol fand eine Skitour für eine 17-köpfige Vorarlberger Gruppe am Samstag ein tragisches Ende: Der 55-jährige Führer der Tourengeher, Kulturstadtrat Helmut Pecoraro aus Bludenz, überlebte eine Notübernachtung in der Eiseskälte nicht. Die Gruppe hatte sich am Freitag auf über 3000 Meter Seehöhe im Ortlergebiet verirrt. Pecoraro, der auch Landesalpinreferent der Naturfreunde war, galt als erfahrener Alpinist. "Mit einem derartigen Wetterumschwung hat niemand rechnen können", erklärte der Leiter der Vorarlberger Bergrettung, Gebhard Barbisch, am Sonntag tief betroffen. Die anderen 16 Tourengeher konnten mit teilweise schweren Erfrierungen geborgen werden.

Im vom Hochwasser geplagten Oberösterreich gingen die Pegelstände der Flüsse am Wochenende zurück. Nach Angaben des Hydrographischen Dienstes sollte die Donau schneller als erwartet unter die Hochwassergrenzen sinken. Ein 69-jähriger Pensionist aus dem Machland dürfte bereits am Donnerstag in die Donau gestürzt und ertrunken sein, bis Sonntag fehlte von ihm jede Spur.

In Niederösterreich arbeiteten die Einsatzkräfte in den Bezirken Amstetten, Krems, Melk und Bruck an der Leitha auf Hochtouren, um überflutete Keller und Gebäude leer zu pumpen. 75 Feuerwehren waren im Einsatz.

Noch angespannt war Sonntag die Lage bei Bruck an der Leitha. Dort standen 2000 Hektar Land unter Wasser. Rund 100 Bewohner zweier Siedlungen konnten ihre Häuser weiterhin nur mit Zillen erreichen. Die Hochwasserschäden gehen in die Millionen, genauere Angaben lagen vorerst nicht vor. Ein Teil der Schäden wird durch die Katastrophenfonds der Länder gutgemacht. Für manche Gemeinden in Hochwassergebieten sei das Routine, sagte der niederösterreichische Landesrat Josef Plank (VP). Ausgenommen sind Geschädigte mit einer privaten Hochwasserversicherung. (APA, red)


(DER STANDARD, Printausgabe, 25.3.2002)