Panorama
Montblanc-Tunnel - drei Jahre danach
Gedenkveranstaltung für die 39 Todesopfer des Brands - Proteste und politischer Streit im Hintergrund
Chamonix - Drei Jahre nach der Brandkatastrophe im
Montblanc-Tunnel haben Familienangehörige und Freunde am Samstag in
einer feierlichen Zeremonie der 39 Todesopfer gedacht. Am steinernen
Mahnmal in der Nähe des Tunneleingangs auf französischer Seite legten
sie Kränze und Blumensträuße nieder. Auf Transparenten forderten rund
150 Menschen "Gerechtigkeit" und "Bestrafung der Verantwortlichen". Das Inferno in dem erst vor zwei Wochen wiedereröffneten
Alpenstraßentunnel war am 24. März 1999 von einem in Brand geratenen
Lastwagen ausgelöst worden, vermutlich auf Grund einer achtlos
weggeworfenen Zigarettenkippe. Um die Schuldfrage zu klären, laufen
zwölf Ermittlungsverfahren. Der 11,6 Kilometer lange Tunnel wurde für
350 Millionen Euro völlig renoviert und mit modernsten
Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet.
Streit
Unterdessen bemüht sich die französische Regierung, in der
Auseinandersetzung mit Italien über die Öffnung des Tunnels für den
Schwerlasterverkehr zu einer stufenweisen Lösung zu kommen. Der
Montblanc-Tunnel durch das höchste Bergmassiv Europas war am 9. März
zunächst für den Personenverkehr freigegeben worden. Gegen die
Wiederaufnahme des Schwerlastverkehrs hatten Anwohner auf
französischer Seite und Umweltschutzorganisationen lautstark
protestiert.
Der französische Premierminister Lionel Jospin betonte am Samstag
in einem Interview mit dem französischen RTL-Sender, er wolle zu
einer zügigen Einigung mit Italien kommen. Dies habe er seinem
italienischen Amtskollegen Silvio Berlusconi versichert. Ab kommenden
Dienstag solle der Tunnel in einer zweiten Stufe für Busse und
Lastwagen unter 19 Tonnen freigegeben werden, schlug der französische
Verkehrsminister Jean-Claude Gayssot seinem italienischen
Amtskollegen Pietro Lunardi vor.
Auch der Schwerlastverkehr ab 19 Tonnen solle möglichst rasch
wieder rollen, wobei über die Details am kommenden Dienstag am Rande
der Verkehrsministerkonferenz in Brüssel gesprochen werden könnte.
Bislang war Frankreich gegen die Öffnung für Schwerlastwagen. Italien
habe damit gedroht, am Montag die Europäische Kommission
einzuschalten, hieß es aus Rom.
Beschuldigungen
Die Angehörigen der Opfer forderten in Chamonix am Samstag eine
Beschleunigung der Ermittlungen in der Tunnel-Katastrophe. Die
Hinterbliebenen-Anwälte hatten die Betreiberfirmen beschuldigt, die
Sicherheit des Tunnels zu Gunsten des Profitstrebens vernachlässigt
zu haben. Zu den Beschuldigten gehören Sicherheitsbeauftragte und
Führungskräfte der italienischen und der französischen
Tunnelbetreiber.
(APA/dpa)