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Wien - "Hier ruhen die sterblichen Überreste von namentlich nicht bekannten Opfern der nationalsozialistischen Justiz, deren Körper für Zwecke der Forschung und Lehre im anatomischen und in anderen Instituten der medizinischen Fakultät der Universität Wien unrechtmäßig verwendet worden sind. Die Universität Wien bedauert diese schuldhafte Verstrickung zutiefst und gedenkt in Ehrfurcht dieser Menschen." Anatomieatlas noch in Verwendung Diese Innschrift ist auf dem Granitstein am Kopfe jenes Grabes im jüdischen Teil des Wiener Zentralfriedhofs zu lesen, in dem am Freitag mehr als 200 menschliche Überreste von NS-Opfern bestattet wurden, die von der Medizin missbraucht worden waren. Für Sezierkurse, die Herstellung von Präparaten und den Anatomieatlas von Eduard Pernkopf - nach wie vor medizinisches Standardwerk. Die ökumenische Bestattungsfeierlichkeit wurde von Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, Superindentent Werner Horn und Weihbischof Helmut Krätzl in Anwesenheit von Rektor Georg Winckler, Dekan Wolfgang Schütz und zahlreichen Hinterbliebenen und Uniangehörigen vorgenommen. 1377 Leichen Zwischen 1938 und 1945 wurden der Fakultät 1377 Leichen von Opfern der NS-Justiz, darunter acht jüdischer Herkunft, für Forschung und Lehre gegeben. Mehr als die Hälfte wurden wegen Widerstandes gegen das NS-Regime umgebracht, 526 Hinrichtungen erfolgten wegen Hochverrats. Die meisten Opfer wurden 1944 hingerichtet, als es zu regelrechten Massenköpfungen kam, teilweise 25 Menschen in einer Nacht. Identische Zuordnung unmöglich Zwar ist die Identität der insgesamt 1377 Opfer geklärt, die nun bestatteten gut 200 Präparate, die aus ihren Leichen geschaffen wurden, können aber nicht namentlich zugeordnet werden, von wem sie stammen, bleibt unbekannt. Lediglich auf der Gerichtsmedizin fand sich ein Schädel, der zugeordnet werden konnte: jener von General Wilhelm Zehner, Staatssekretär für Heerwesen, der wegen Widerstands gegen das NS-Regime am 10. April 1938 erschossen worden war. Er wird auf Wunsch seiner Tochter an seinem Todestag am Döblinger Friedhof beigesetzt. Die anderen Opfer wurden längst in eigenen Gräbern am Zentralfriedhof bestattet, in die auch heute die Reste der sezierten Leichen kommen. (fei/DER STANDARD, Printausgabe 23./24.03.2002)