Europa
Die Eckpunkte der deutschen Zuwanderungsregelung
Unter anderem werden humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbedingungen klarer gefasst
Berlin - Mit dem Gesetz zur Zuwanderung will die
rot-grüne Koalition in Deutschland die Anwerbung ausländischer
Arbeitskräfte steuern und die Einwanderung begrenzen. Zugleich wird
das Ausländerrecht in wesentlichen Punkten neu geregelt. Die
humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen und die Asylbedingungen werden
klarer gefasst. ZUZUGSBEGRENZUNG: Laut Paragraf 1 dient das Gesetz "der Steuerung
und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern". Dabei sollen die
Integrationsfähigkeit sowie die wirtschaftlichen und
arbeitsmarktpolitischen Interessen berücksichtigen werden. Zugleich
wird aber darauf verwiesen, dass Deutschland seine humanitären
Verpflichtungen erfüllt.
ARBEITSMIGRATION: Vorrang vor der Anwerbung von Ausländern haben
die Qualifizierung von Arbeitslosen und Ausländern, die bereits in
Deutschland leben. Vor der Anstellung von Ausländern müssen die
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt geprüft werden. Die Bundesanstalt
für Arbeit kann der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis
zustimmen, wenn sich "nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
nicht ergeben". Die Arbeitsgenehmigung wird zusammen mit der
Aufenthaltserlaubnis erteilt. Hoch Qualifizierte können von Anfang an
einen Daueraufenthalt erwerben. Ausländische Hochschulabsolventen
können nach Zustimmung der Arbeitsämter anschließend auch in
Deutschland arbeiten, um die Abwanderung von Fachkräften in andere
Industrieländer zu verhindern.
FAMILIENNACHZUG: Ausländerkinder können bis zum Alter von 18
Jahren nach Deutschland kommen, wenn sie mit den Eltern einreisen,
bei denen ein Teil anerkannter Asylbewerber beziehungsweise politisch
Verfolgter ist oder zur Gruppe der hoch Qualifizierten gehört. Falls
die Eltern bereits in Deutschland wohnen und die Kinder ihnen allein
nachfolgen sollen, müssen diese bereits deutsche Sprachkenntnisse
haben - anderenfalls gilt eine Altersgrenze von zwölf Jahren. Neu ist
eine Ermessensregelung, wonach "dem minderjährigen ledigen Kind eines
Ausländers unter Berücksichtigung des Kindeswohls, der familiären
Situation sowie der Erwartung, dass das Kind, beispielsweise wegen
vorhandener Kenntnisse der deutschen Sprache, sich integrieren wird,
eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird".
HUMANITÄRE AUFNAHME: Die Duldung, bisher häufig als
"zweitklassiger Aufenthaltstitel" angesehen, wird abgeschafft. Zur
Zeit gibt es knapp 250.000 Geduldete, die meist bereits vor 1997 nach
Deutschland gekommen sind. Neben Bürgerkriegsflüchtlingen zählten
dazu bisher auch Opfer geschlechtsspezifischer und nichtstaatlicher
Verfolgung. Letztere erhalten künftig einen garantierten
Abschiebeschutz, was sie bei späterer Arbeitsaufnahme deutlich besser
stellt. Dabei geht der Entwurf nicht über die Genfer
Flüchtlingskonvention hinaus und schafft keinen neuen Asyltatbestand.
AUSREISEPFLICHT: Wer wieder ausreisen muss, kann künftig in seiner
Bewegungsfreiheit eingeschränkt oder sogar verpflichtet werden, sich
in speziellen Ausreiseeinrichtungen aufzuhalten. Die Länder werden
jedoch nicht zur Schaffung solcher Einrichtungen verpflichtet. Zur
Sicherung der Identität sollen bei Visa-Beantragung durch Angehörige
einzelner "Problemstaaten" Lichtbilder und Fingerabdrücke gefertigt
werden können. Strafe droht künftig bei falschen Angaben über
Identität und Staatsangehörigkeit.
SOZIALLEISTUNGEN: Asylbewerber, die die Dauer ihres Aufenthaltes
missbräuchlich in die Länge gezogen haben, sollen von den höheren
Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz ausgeschlossen werden.
Demgegenüber sollen humanitäre Flüchtlinge in Zukunft bereits von
Anfang an den vollen Sozialhilfesatz erhalten.
INTEGRATION: Im Aufenthaltsgesetz wird ein Mindestrahmen für
staatliche Integrationsangebote festgesetzt. Dazu zählen Sprachkurse
sowie Einführungen in Recht, Kultur und Geschichte Deutschlands. Die
Kosten sollen zwischen Bund und Ländern geteilt werden. "Für die
Teilnahme am Integrationskurs kann unter Berücksichtigung der
Lesitungsfähigkeit ein angemessener Kostenbeitrag erhoben werden."
Nicht-Teilnahme kann zu Nachteilen bei der Verlängerung der
Aufenthaltserlaubnis führen.
ASYLVERFAHREN: Die aufenthaltsrechtliche Stellung von Ausländern,
denen nach der Genfer Konvention Abschiebungsschutz zuerkannt wurde,
wird der von Asylberechtigten angeglichen. Beide Gruppen erhalten
einen befristeten Aufenthaltstitel, der nach drei Jahren zu einer
"Verfestigung" führt. Inhaber des "kleinen Asyls" nach der Genfer
Konvention dürfen - wie bislang nur Asylberechtigte - uneingeschränkt
arbeiten. Die Asylverfahren sollen beschleunigt werden.
HÄRTEFALLREGELUNG: Nach der neu eingefügten Regelung kann auf
Ersuchen einer Landesregierung in Ausnahmen ein Aufenthaltstitel
erteilt oder verlängert werden, "wenn dringende humanitäre oder
persönliche Gründe die weitere Anwesenheit des Ausländers im
Bundesgebiet rechtfertigen". (APA/dpa)