Wien - Trotz Einstimmigkeit über den internationalen Schutz der Menschenrechte kamen Donnerstag abend im Nationalrat die unterschiedlichen Positionen der Parteien zu diesem Thema zum Ausdruck. Seitens der Regierungsparteien wurde das Thema Benes-Dekrete mehrmals angesprochen, die Opposition wiederum forderte eine "geistig moralische Bewältigung dunkler Seiten" in Österreich, kritisierte auch Menschenrechtsverletzungen im Inland und die Verächtlichmachung von Minderheiten. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner zeigte sich insgesamt erfreut, dass ein "parteiübergreifender Konsens" beim internationalen Schutz der Menschenrechte gelungen sei.Österreich nach 2jähriger Pause wieder in Menschenrechtskommission Als positives Zeichen für die Anerkennung unseres Landes in diesem Bereich führte sie an, dass Österreich nach zwei Jahren Beobachterstatus in der Menschenrechtskommission dort wieder Mitglied ist. Sie werde sich dafür einsetzen, dass die Menschenrechtserziehung auch in Entwicklungsstaaten an Schulen und Universitäten eingeführt wird. Ferrero-Waldner kündigte auch eine "Initiative aller Frauenaußenministerinnen der Welt" für Afghanistan an. So sei es notwendig, dass Frauen zu mindestens 25 Prozent in der Mittelvergabe in Afghanistan ihren Platz haben müssen. "Wir wollen zeigen, dass Frauen Frauen helfen". Die Ministerin verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass in Afghanistan "symptomatisch die Missachtung der Menschenrechte über Jahrzehnte hinweg" erfolgt sei. Diese Gewalt gegen Schwächere nährten den Boden für Terrorismus, warnte sie. Kompromisse, Sensibilitäten und Vorsicht Der SPÖ-Abgeordnete Walter Posch sprach von einem "akzeptablen Kompromiss". Was die Benes-Dekrete betrifft, müsse man gegenüber den Nachbarstaaten "Sensibilität und Vorsicht" walten lassen, was "einzelne Mitglieder der Regierung" nicht gemacht hätten. Die Einhaltung der Menschenrechte müsse auch in Österreich erfolgen und hier gebe es "sehr oft Widersprüche zwischen einem deklarativen Anspruch und realer Politik". Ohne den Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider namentlich zu nennen, kritisierte Posch dessen jüngste Irak-Reise zu einem Diktator. Diese Reise "steht im Widerspruch zu unserer Entschließung". "Net Matschgern!" Dem hielt der FPÖ-Abgeordnete Harald Ofner vor, dass sein Vorredner nur politisches Kleingeld wechseln wolle. "Matschgere nicht am Landeshauptmann herum. Du verlierst kein Wort darüber, was die Amerikaner in Guantanamo aufführen". Schließlich stehe Österreich bei der Einhaltung von Menschenrechten "weit vorne und ziemlich allein". Jedenfalls müsse man sich auch darum kümmern, dass die Menschenrechte nicht nur am Papier stehen, sondern auch durchsetzbar seien. Es dürfe hier keine Verjährung bei Menschenrechtsverletzungen geben, wobei Ofner auch die Verfolgung der Armenier vor 70 Jahren ansprach. Der ÖVP-Abgeordente Matthias Ellmauer trat dafür ein, die Menschenrechtspolitik aus dem Parteienstreit heraus zu halten. Man müsse das Gemeinsame vor das Trennende stellen. Die Verbesserung der Menschenrechtssituation könne man nur dann erwirken, wenn Europa und die Vereinten Nationen gemeinsam auftreten. Ellmauer forderte dann im Zusammenhang mit der Osterweiterung, "die so wichtig ist für unser Land", auch von den "nördlichen und östlichen Nachbarländern" ein, die "moralische Verantwortung für historisches Unrecht" zu übernehmen. Für Grüne nur "Mindestkonsens" Die Grüne Abgeordnete Terezija Stoisits sprach von einem "Mindestkonsens". Man dürfe aber nicht vergessen, dass die Menschenrechte auch in Österreich "tagtäglich verletzt" würden. Als "Auftrag" an die Außenministerin äußerte Stoisits das Anliegen, Menschenrechtsverletzungen bei Staatsbesuchen anzusprechen. "Auch, wenn es weh tut. Weil man sich in der Regel damit nicht Freunde macht, sondern Feinde. Das wären aber Feindschaften, die so was wie ein Orden sind, ein Ehrenzeichen". Ferrero-Waldner verwies im Zusammenhang mit dem Eintreten für Menschenrechte auch darauf, dass "voreiliges Handeln" sogar Gefahren bringen könne. Sie führte den Fall einer vergewaltigten Nigerianerin an, die gesteinigt werden soll. Durch eine Demarche könnte man aber eine "Trotzreaktion" der örtlichen Behörden auslösen. Auch in der EU wisse man, dass hier "Vorsicht" angebracht sei, sonst könnte das Gefühl einer Einmischung von außen in Nigeria erzeugt worden, und es drohe sogar eine Lynchjustiz. (apa)