LindtSpruengli
Die Liste, die M. mir auf die Schweizreise mitschickt, ist lang und klingt logisch. Es ist eine systematische Aufzählung von Konditoreien und Museen - die Schweiz als Koordinatensystem aus Kunst und Konfekt. Zürich. Ich beschließe, mich anfangs mehr auf der Konfekt-Achse zu bewegen und reite planmäßig bei "Schober" ein. "Traditionskonditorei im Niederdorf. Schöne Terrasse. Ein Muss" steht auf meiner Liste. Ich öffne die Türe: ein Meer gelber Stoffblumen, tausende Hasen glotzen mich an, hunderte Eier sind terrassenförmig aufgeschlichtet, sehr viel Ostern. Mich schwindelt. Ich probiere ein "Schober-Frühstück", bei dem alles mit "i" endet. Weggeli, Gipfeli, Eili. Dann gehe ich. Das "Kunsthaus" wäre jetzt nicht weit. "William-Turner-Sonderausstellung" steht auf meiner Liste. Aber auch: "Sprüngli", der berühmte Chocolatier. Ich glaube, ich habe die Turner-Bilder schon irgendwo gesehen. In der Confiserie "Sprüngli" am Paradeplatz fühle ich mich sofort wohl. Die Dotter-Eili und Schoko-Häsli sind übersichtlich in Glasvitrinen ausgestellt, die Dekoration hält sich in Grenzen. Ein calvinistisches Schokolade-Kaufhaus. Die "Louxembourgerli", in Rosa, Braun, Gelb und Pistaziengrün liegen zu hunderten zum Verkauf bereit. Ich erstehe einen Trüffel-Cake und koste mehrere Louxembourgerli. Auf der Bahnhofstraße sinke ich auf eine Parkbank. Mir ist schlecht. Auf meiner Liste steht: Kulturszene im Kreis 5 abchecken, vom Bahnhof aus die Straßenbahnlinie 4 nehmen, ins Schauspielhaus fahren, . . . Solche Listen sind auf Reisen unentbehrlich. Niemals hätte ich in Basel so schnell das Café "Schiesser" visavis dem Rathaus gefunden (Spezialität: Bettmümpfeli). Für die Kunstsammlung in der Fondation Beyeler war diesmal leider keine Zeit. DerStandard/rondo/22/03/02