Kosovo
Kostunica wegen Spionageaffäre unter Druck
Chef des Armee-Geheimdienstes hatte Direktkontakt zu jugoslawischem Präsidenten
Belgrad - In der Belgrader Spionageaffäre gerät nun auch der
jugoslawische Staatspräsident Vojislav Kostunica immer stärker unter
Druck. Kostunica werden Praktiken zur Last gelegt, die sich kaum von
jenen seines Vorgängers Slobodan Milosevic unterscheiden. Nach
Angaben der Wochenzeitschrift "Nedeljni telegraf" soll der Chef des
Armee-Geheimdiensts, Aca Tomic, direkte Kontakte mit Kostunica
unterhalten haben. Ihm übergeordnete Instanzen - den Generalstab, die
Bundesregierung und den Obersten Militärrat (in dem neben Kostunica
auch die Präsidenten Serbiens und Montenegros sitzen) - hatte der
General einfach übersprungen. Nach Auffliegen der Affäre hatte es Tomic am Freitag abgelehnt,
die jugoslawische und serbische Regierung bei einer gemeinsamen
Krisensitzung über die Festnahme des serbischen Vizepremiers Momcilo
Perisic zu informieren. ''Ich habe in diesem Raum nichts zu suchen,
mein Chef ist nicht dort'', ließ der General wissen. Kostunica war zu
diesem Zeitpunkt beim EU-Gipfel in Barcelona.
Der serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic beharrt allerdings
nicht nur wegen der Arroganz und des Eigenwillens von Tomic auf einer
Amtsenthebung des Generals. Der Vertrauensmann des Präsidenten wird
nämlich im Kabinett von Kostunica seit geraumer Zeit als künftiger
Generalstabschef gehandelt. Der bisherige Amtsinhaber, General
Pavkovic, hatte in der Vorwoche seinen Rückzug bis Ende des Monats in
Aussicht gestellt.
Djindjic selbst hatte sich von seinem Stellvertreter Perisic
losgesagt. Dieser ist inzwischen schon ein wenig in Vergessenheit
geraten. In Belgrad scheint nämlich kein Zweifel mehr daran zu
bestehen, dass der frühere Generalstabschef tatsächlich spioniert
hat. Staatspräsident Kostunica hat bei einem stundenlangen Treffen
der Staatsspitze am Sonntagabend angeblich einen vom
Armee-Geheimdienst angefertigten Film vorgeführt. Darauf war
Medienberichten zufolge Perisic zu sehen, als er seinem
Gesprächspartner (wahrscheinlich ein amerikanischer Diplomat)
politische Profile von Bündnispartnern der serbischen
Regierungskoalition DOS schilderte, ihm Dokumente überreichte und
anschließend 1.000 US-Dollar (1.137 Euro) gegen Quittung in die
eigene Hosentasche steckte. Perisic bestreitet entschlossen, je in
die Spionage verwickelt gewesen zu sein.(APA)