Inland
Scharfe Kritik der Opposition am "Anti-Terror-Paket"
Grüne: Danach wären die AU-Besetzer Terroristen gewesen - SPÖ: Schritt in Richtung Überwachungsstaat
Wien - Als Schritt in Richtung Überwachungsstaat kritisierte
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim am Dienstag im SPÖ-Pressedienst das
von Justizminister Dieter Böhmdorfer (F) vorgelegte
"Anti-Terror-Paket". Selbstverständlich müsse man sich dem
Terrorismus entschieden entgegenstellen. Jarolim äußerte aber den
Verdacht, dass bei dem Gesetzesentwurf die Terrorbekämpfung nur
"vorgeschoben" und die wahre Absicht sei, die Bürger präventiv
überwachen zu können. "Böhmdorfer will in 'Big Brother'-Manier in Richtung
Überwachungsstaat jede telefonische Äußerung der Bevölkerung
belauschbar machen und durch Erhebung des Standorts der
Österreicherinnen und Österreicher beim Telefonieren jede Bewegung
der Bevölkerung registrieren und nachvollziehen", so Jarolim.
Pilz: AU-Besetzer wären Terroristen gewesen
Scharf kritisierte der grüne Sicherheitssprecher
Peter Pilz das Anti-Terror-Paket von Justizminister Dieter Böhmdorfer
(F). Darin werde der Begriff "Terrorismus" erweitert, so dass auch
zivilgesellschaftlicher Widerstand kriminalisiert werden könne,
erklärte Pilz am Montag in einer Pressekonferenz. Nun werde auch die
"gefährliche Drohung" in den Katalog terroristischer Straftaten
aufgenommen. Damit könne man bereits im Vorfeld den Überwachungsstaat
aktivieren.
Das Anti-Terror-Paket ist Teil des Strafrechtsänderungsgesetzes
2002, das vom Justizministerium Ende der Vorwoche zur Begutachtung
verschickt wurde. Der neue terroristische Tatbestand "gefährliche
Drohung" war schon bisher strafbar (Paragraf 107 des
Strafgesetzbuches: "Wer einen anderen gefährlich bedroht, um ihn in
Furcht und Unruhe zu versetzen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem
Jahr zu bestrafen").
Mit dem Attribut "terroristisch" erreiche die Regierung aber
dreierlei, stellte der grüne Sicherheitssprecher fest: Sie könne die
Strafe erhöhen, sie könne außerparlamentarische Bewegungen
kriminalisieren und sie könne vor allem bereits im Vorfeld alle
Mittel des Überwachungsstaates, wie Lauschangriff und Rasterfahndung,
einsetzen. Nach dem Ministerialentwurf wären die Besetzer der
Hainburger Au im Dezember 1984 mit größter Wahrscheinlichkeit
Terroristen gewesen, befürchtet Pilz. "Mit dem Anti-Terror-Paket kann
Böhmdorfer die Globalisierungsgegner überwachen", stellte der
Sicherheitssprecher fest.
Als massive Verschlechterung bezeichnete Pilz auch das Vorhaben,
die Schwelle für die Rufdatenrückerfassung zu senken. In Zukunft
werde nur mehr der Einzelrichter darüber entscheiden. Mit der
Rufdatenrückerfassung über einen längeren Zeitraum könnten genaue
soziale und Bewegungsprofile einzelner Personen erstellt werden. Die
Polizei könne damit im Detail feststellen, wer wann mit wem wo
Kontakt gehabt habe. Damit liege ein Instrument vor, so Pilz, das
weit in die Privatsphäre eingreife. Auch sei für den Richter, der
über die Rufdatenrückerfassung entscheide, kein "dringender
Tatverdacht" nötig. Es reiche, wenn der Richter annehmen könne, dass
damit eine mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohte Tat
besser aufzuklären sei.
Die Grünen hätten einige Erfolge am Rande zu verzeichnen, stellte
Pilz fest. So wäre die "Standortfeststellung" (Feststellung einer
Funkzelle) nun nur über einen richterlichen Beschluss möglich. Und
auch die Massenüberwachungen von Handys seien nach Initiative der
Grünen in Zukunft nicht mehr zulässig.
Weitere Forderungen der Grünen: Die Einführung von Fristen und
Verpflichtungen für die Löschung der Rufdaten, der Parteistellung der
Provider, der Verpflichtung zur Information der Überwachten nach
Abschluss der Maßnahme, die Einschränkung des Begriffes "Gefahr im
Verzug" sowie die Installierung eines jährlichen
Überwachungsberichtes an den Nationalrat nach dem Vorbild des
US-Wiretap-Report, durch den jährlich der amerikanische Kongress
erfährt, wer überwacht wird. (APA)