Wirtschaft
Auf dem Weg zum EU-Schlusslicht
Studie: Steuerliche Maßnahmen zur Erhöhung der Standortattraktivität notwendig - Derzeit rangiert Österreich am drittletzen Platz
Wien - Österreich droht im europäischen Wettbewerb um
Direktinvestitionen auf den letzten Platz zurückzufallen, falls keine
kompensierenden, die Standortattraktivität erhöhenden steuerlichen
Maßnahmen gesetzt werden, so der Leiter des Institutes für Höhere
Studien (IHS), Bernhard Felderer, am Montag in Wien bei der
Präsentation der Studie "Standortattraktivität Österreichs im
europäischen Steuerwettbewerb". Mit dem schlechten Abschneiden ist
laut WKÖ-Präsident Christoph Leitl der Wirtschaftsstandort Österreich
gefährdet. Er fordert steuerliche Erleichterungen wie die Senkung der
Lohnnebenkosten und erleichterte Risikokapitalbildung.Drittletzter Platz
Als wichtigste Standortfaktoren für Direktinvestitionen
ausländischer Unternehmen im Inland hat das IHS unter anderem die
Bedeutung der Verfügbarkeit und Qualifikation von Arbeitskräften, der
Energiekosten und des steuerlichen Umfelds erhoben. Derzeit liegt
Österreich unter Berücksichtigung dieser für Direktinvestitionen
relevanten Standortfaktoren bei der Ansiedelungswahrscheinlichkeit
unter den 15 EU-Ländern auf dem drittletzten Platz, gefolgt nur von
Portugal und Griechenland. Irland, Schweden, die Niederlande und
Großbritannien können dagegen jeweils mehr als 10 Prozent der
gesamten ausländischen Direktinvestitionen in der EU auf sich
konzentrieren.
Entscheidend für eine Ansiedelung sei die Verfügbarkeit von
Arbeitskräften, es habe aber eine Sensibilisierung gegenüber
Unternehmenssteuern stattgefunden, führte Felderer aus. Was die
Steuerbelastung von Unternehmen anbelange, stehe Österreich derzeit
nicht so schlecht da, es könnte aber besser sein. Mit einem
Körperschaftsteuersatz (KÖST-Satz) von 34 Prozent liege Österreich
derzeit im europäischen Mittelfeld. Das könnte sich jedoch durch den derzeit im Gang befindliche
Reformprozess in einer ganzen Reihe von EU-Ländern ändern. Dieser
werde signifikante Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition des
Wirtschaftsstandortes Österreich haben und Österreich könnte nahe ans
obere Ende der Skala rücken: In keinem der anderen Länder außer
Deutschland würde die gesamte Unternehmensbesteuerung dann über 35
Prozent liegen.
Umfassende Steuerreform
Felderer schlägt deshalb ein offensives Vorgehen vor: Bereits
geforderte Tarifsenkungen sollten mit einer umfassenden Steuerreform
verbunden werden. Das bedinge eine Absenkung des derzeitigen
Körperschaftsteuertarifes von 34 auf 25 Prozent. Österreich würde
damit auf den neunten Platz vorrücken und damit bei weitem größere
Länder wie Italien und Deutschland in der
Ansiedelungswahrscheinlichkeit überrunden, so Felderer. Die Kosten
einer solchen KÖST-Tarifsenkung beziffert der IHS-Leiter
mittelfristig auf 1,8 Mrd. Euro.
28 Prozent weniger EU-Förderungen durch Osterweiterung
Eine weitere Verschlechterung der Standortattraktivität
Österreichs droht durch die EU-Osterweiterung. Sollten hier keine
Maßnahmen getroffen werden "sinkt Österreich wahrscheinlich auf den
letzten Platz", befürchtet Felderer. Die zu erwartende Neuverteilung
der EU-Regionalförderungsmittel - etwa für Ziel-1-Gebiete - zu
Gunsten der zentral- und osteuropäischen Beitrittwerber werde zu
einem Rückgang von 28 Prozent der bisher auf Österreich entfallenen
Mittel führen. Das wären jährlich rund 28 Prozent oder 36 Mill. Euro
der im Zeitraum 2000 bis 2006 auf Österreich entfallenen direkten
EU-Förderungen von jährlich 139 Mill. Euro.
Ohne Gegenmaßnahmen würde das laut IHS mittelfristig zu einer
Verminderung der Auslandsinvestitionen von 3,7 Prozent und
langfristig von 7,1 Prozent führen. Das hätte auch eine Verlangsamung
der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur Folge: Das reale BIP fiele
in den Jahren 2002 bis 2007 um durchschnittlich 0,01 Prozent oder 29
Mill. Euro, längerfristig sogar um bis zu 65 Mill. Euro. (APA)