Amsterdam - Das jüdische Mädchen Anne Frank und ihre Familie sollen 1944 von dem Niederländer Tonny Ahlers verraten worden sein. Das schreibt die britische Historikerin Carol Ann Lee in ihrer am Mittwoch in Amsterdam erschienenen Biografie über den Vater des Mädchens, Otto Frank. Lee untersuchte bisher nicht veröffentlichte Briefe, Tagebücher und Dokumente. Danach hat Otto Frank während des Krieges Geschäfte mit den deutschen Besatzern gemacht. Frank handelte in Amsterdam mit dem Geliermittel Opecta und soll dies auch an die deutsche Wehrmacht geliefert haben. Ahlers, der mit den Nationalsozialisten kollaborierte, habe Frank deswegen erpresst, schreibt die Historikerin. Er habe für Geld die Familie verraten. Die Familie Frank war in einem Hinterhaus in Amsterdam von 1942 bis 1945 untergetaucht und nach dem Verrat in Konzentrationslager deportiert worden. Nur Otto Frank überlebte. Anne Frank starb 1945 im KZ Bergen Belsen. Ihr Vater veröffentlichte das Tagebuch der Anne Frank über die Zeit im Hinterhaus. Das Buch wurde in über 50 Sprachen übersetzt und erschien in einer Auflage von 25 Millionen Exemplaren. Erpressung Die britische Historikerin legte neue Dokumente vor, nach denen Ahlers Otto Frank auch nach dem Krieg noch erpresste. Der aus Frankfurt stammende Frank fürchtete, dass ihm seine Geschäftsbeziehungen zu den deutschen Besatzern schaden könnten. Ahlers sass nach dem Krieg wegen Kollaboration mit den Deutschen einige Zeit in niederländischer Haft. Nach Angaben des Nationalen Instituts für Kriegsdokumentation NIOD in Amsterdam, hatten strafrechtliche Untersuchungen gegen Ahlers zu keinem Ergebnis geführt. "Dass Ahlers die Familie verraten hat, ist nur eine Theorie", sagte der Sprecher des Zentrums, David Barnouw. "Wer der echte Verräter war, werden wir wohl nie erfahren." (APA/dpa)