Hannover - Selten war die Stimmung für die größte Computermesse der Welt, der heute beginnenden CeBIT in Hannover, so gedämpft wie in diesem Jahr. Das drückt sich auch in der zurückgegangenen Zahl der Aussteller aus, von denen heuer 130 weniger als im vergangenen Jahr nach Hannover kamen, insgesamt 7962.

Aber die Branche steht besser da als ihr öffentliches Bild, sagt Bitkom, der deutsche Verband der Informations-und Telekommunikationstechnologie (ITK). Obwohl der Markt in wichtigen Teilbereichen wie PCs und Handys erstmals schrumpfte, wuchs der Umsatz der ITK-Branche 2001 in Westeuropa um 5,1 Prozent auf 643 Mrd. Euro.

Zweistellige Wachstumsraten in weiter Ferne

Das liegt zwar deutlich unter dem 2000 verzeichneten Rekordwachstum von 13 Prozent weltweit, aber erheblich über dem allgemeinen Wirtschaftswachstum. Eine Rückkehr zu zweistelligen Wachstumszahlen wird erst wieder 2003 erwartet. Diese Großwetterlage beeinflusst auch die Erwartungen hier auf der CeBIT, wo inmitten eines unüberschaubaren Angebots aus allen Bereichen der Informationstechnologie nach den neuen Hoffnungsträgern gesucht wird.

Weiterhin kommt dabei das größte Augenmerk der Telekom-Industrie zu, die auf dem Ausstellungsgelände inzwischen den meisten Platz und die größte Prominenz einnimmt. Erwartet werden Geräte und Dienste, mit denen die seit langem gemachten Versprechen von Datendiensten über Mobilfunk auf Massenbasis eingelöst werden.

Integrierte Kameras

Fotografie wird zunehmend als Schlüssel gesehen, um diese Entwicklung auf breiter Basis in Gang zu bringen. Von allen Herstellern werden hier auf der CeBIT neue Handys vorgestellt, die dank integrierter Kameras Schnappschüsse machen und schnell übertragen werden können (mit Multimedia Messaging Services, MMS, und der Datentechnik GPRS). Daneben verfügen diese Handys mit großen Farbschirmen auch über Funktionen zur Organisation des Alltags, von E-Mail, und Kalendern bis zu Adressbüchern. Aber einstweilen in die Zukunft verschoben ist die "3. Generation" (3G) des Mobilfunks namens UMTS: Zwar gibt es von Motorola ein erstes Terminal, aber im Wesentlichen vertrösten alle Hersteller auf "später dieses Jahr".

Und auch die Termine für die angekündigten Multimedia-Handys signalisieren, dass Konsumenten noch einige Zeit warten müssen: "3. Quartal" heißt es etwa bei Sony, Ericsson und Nokia für die Bildtelefone, was de facto Weihnachten bedeutet.

In einem Stück

Greifbarer sind dagegen die Kombination von Organizer und Handy in einem Stück, wie etwa von Hewlett Packard, Fujitsu Siemens und Handspring (Hersteller von Palm-Geräten) hier gezeigt. Damit werden mobiler E-Mail- und Internetzugang anstelle des vom Markt nicht angenommenen WAP-Internetzugangs auf Handys leicht möglich. Digitale Fotografie zählt auch unabhängig von kommenden Handys zu einem der verbleibenden Boombereiche. Zuwachsraten über 50 Prozent, die bei den Herstellern die Regel sind, erinnern an die goldenen Zeiten von PC und Handys. "Wir sind auf dem Sprung von einem Profi- zu einem Massenmark", beschreibt der Geschäftsführer von Olympus Österreich, Anton Ofner, die Entwicklung. Waren bisher berufliche Anwender die Hauptkunden für die Kameras, die erheblich teurer als analoge Fotoapparate sind, so würden jetzt immer mehr Hobby- und Schnappschussfotografen zu den Geräten greifen. (Helmut Spudich, DER STANDARD, Printausgabe 13.3.2002)