Österreich
"Das Schlimmste, was einem passieren kann"
Urteil im Gleinalmtunnel-Prozess liegt vor: Geld- und bedingte Haftstrafe für Unglückslenker
Graz - Nicht einmal eine Stunde lang dauerte am Montag,
am Landesgericht Leoben die Verhandlung gegen jenen Lenker, der am 6. August des Vorjahres einen verheerenden Unfall im Gleinalmtunnel verursacht hatte. Fahrlässige Gemeingefährdung
Bei dem Unglück starben
die Eltern und drei Kinder einer niederländischen Familie, ein
Mädchen überlebte mit schweren Brandwunden. Der Unglückslenker, der
ebenso wie seine beiden Töchter verletzt wurde, musste sich wegen
fahrlässiger Gemeingefährdung verantworten. Er wurde zu einer Geld-
sowie einer bedingten Haftstrafe verurteilt.
Kurz umgedreht
Karlheinz B. (41) konnte sich bei der Verhandlung an den genauen
Hergang des Unglücks nicht mehr erinnern. Seine Töchter hatten am
Rücksitz des Wagens offenbar um einen Farbstift gestritten, als er
von den Quengeleien abgelenkt wurde. Eine Sekunde der
Unaufmerksamkeit, in der er sich möglicherweise umgedreht hatte, und
im nächsten Moment nahm die Katastrophe ihren Lauf. "Plötzlich kamen
die Lichter auf mich zu, wir hatten beide keine große Chance zu
reagieren", schilderte der Theologe die Sekunden vor dem
Frontalzusammenstoß mit dem niederländischen Wagen.
Dann hatte er seine Kinder aus dem Wagen gezerrt und in Sicherheit
gebracht, bevor sein Fahrzeug in Flammen aufging. Die niederländische
Familie hatte weniger Glück: Die Eltern und drei Töchter verbrannten
im Wrack, eine Tochter überlebte mit schwersten Hautverbrennungen.
Der Lenker selbst befindet sich seit damals in psychologischer
Betreuung.
Geld- und bedingte Haftstrafe
Das Urteil lautete auf eine Geldstrafe von 3.600 Euro sowie einer
bedingten Haftstrafe von acht Monaten bei einer Höchststrafe von drei
Jahren. "Eine Sorgfaltsverletzung liegt vor, wenn sie auch nicht sehr
groß ist", begründete der Richter das Urteil. "Die ärgste Strafe ist,
dass er sich ein Leben lang damit abfinden muss, eine Familie fast
ausgelöscht zu haben", so der Richter weiter.
Karlheinz B. nahm das Urteil sofort an. Der sichtlich gezeichnete
Mann erklärte im Anschluss an den Prozess: "Mir ist das Schlimmste
passiert, was einem passieren kann". Das niederländische Mädchen sei
mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen, er stehe in Kontakt mit
der Familie. "Ich muss damit leben", so der Beschuldigte.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (APA)