Inland
Van der Bellen: "Manche Rote halten uns für eine Schlapfenpartie"
Für den Grünen-Chef zeichnet sich eher Rot- Schwarz als Rot-Grün ab
Wien - Für Grünen-Chef Alexander Van der Bellen zeichnet
sich "eine Neuauflage von Rot-Schwarz" ab. Das sagt Van der Bellen in
einem Interview mit der "Presse" (Samstag-Ausgabe). Seine Begründung:
"Das sind atmosphärische Überlegungen, was wir so beobachten
beispielsweise im ORF." Auch technische Gründe sprächen aber dafür.
"Wenn die Umfragen nicht frei erfunden sind, halten sich Blau-Schwarz
und Rot-Grün mit rund 50 Prozent die Waage. Wenn zum Beispiel
Rot-Grün um zwei Mandate die Mehrheit hat, dann hätten die Roten
natürlich Ängste, mit einer so knappen Mehrheit zu regieren". Als "Stolpersteine" einer rot-grünen Koalition sieht Van der
Bellen die Ausländer-Integration und den Bereich des Umwelt- und
Naturschutzes. "Viele von uns sind zu den Grünen gekommen, weil wir
die SPÖ für eine Beton-Partei gehalten haben. Wobei das natürlich
auch umgekehrt gilt. Manche Rote halten die Grünen immer noch für
eine 'Schlapfenpartie'. Es gibt jede Menge Vorurteile gegenseitig".
Bei der aktuellen schwarz-blauen Koalition wiederum tue er sich
"schwer, diese Regierung als schlicht neoliberal hinzustellen. Eine
neoliberale Regierung mit der höchsten Abgabenquote der Geschichte,
das passt nicht zusammen. Ich glaube Österreich verträgt schon ein
bisschen mehr Liberalismus." Auf die Frage, ob eine rot-grüne
Regierung liberaler sein könnte als die schwarz-blaue, antwortete der
Grünen-Chef: "Im Kartellrecht, bei der Monopolaufsicht oder in
Wettbewerbsfragen kann ich mir das schon vorstellen."
Die Initiatoren des Sozialstaats-Volksbegehrens werden von Van der
Bellen unterstützt. Dass damit die Steuer- und Abgabenquote noch
weiter steige, glaubt der Grünen-Chef nicht. "Das
Sozialstaats-Volksbegehren verlangt nicht eine weitere Erhöhung. Das
Signal lautet: Vorsicht, kein weiterer Abbau von Sozialmaßnahmen."
Den jüngsten Misstrauensantrag gegen die Regierung im Parlament
verteidigte Van der Bellen. Denn man habe dabei die Möglichkeit
gehabt, "zwei Hauptkritikpunkte an der Regierung öffentlich zu
machen, nämlich die Versuche der Rechtsstaatsverweigerung im Inneren
(Ortstafelerkenntnis des Verfassungsgerichtshofes) und den
außenpolitischen Amoklauf von Jörg Haider durch den Besuch bei Saddam
Hussein."(APA)