Inland
Kliniker-Kampf gegen Entmündigung
Pro und kontra Medizin-Unis: DER STANDARD bat Dekan Wolfgang Schütz und den Grünen-Sprecher Kurt Grünewald zum Gespräch
Wien - Im Gesetzesentwurf
zur Unireform sind sie fix
drinnen: eigene medizinische
Unis. Der STANDARD bat Wolfgang Schütz, Dekan der Wiener medizinischen Fakultät,
und den Wissenschaftssprecher der Grünen und Innsbrucker Kliniker Kurt Grünewald
zu einem Pro und Kontra.Dafür spricht laut Schütz: Die Medizin besitzt einen
Budgetanteil an der Uni Wien
von 43 Prozent, hätte aber in
der neuen Unistruktur weder
Budgetautonomie noch ein
Recht, über Personal und Institute zu bestimmen.
Als eigene Rechtspersönlichkeit wäre die Medizinische Universität gleichberechtigter Partner mit den Spitalsträgern in der AKH-Betriebsgesellschaft. Auch als "Volluni" könnte
man mit anderen Fächern kooperieren. Die Verwaltung - etwa im
EDV-Bereich - könnte weiter
gemeinsam mit der Uni Wien
durchgeführt werden. Die Bürokratie werde sich nicht wesentlich verteuern, weil sich
die Medizin in weiten Teilen
schon jetzt selbst verwalte.
In westlichen Industrieländern seien eigene MedizinUnis die Regel. In Österreich sei man vor
allem durch die Unireform "unter Zugzwang" gekommen. "Eigene Universitäten waren
nicht unser wichtigstes Ziel".
Grünewald meint dagegen: Die internationalen Erfahrungen sprächen gegen eigene
Medizin-Unis. In den Oststaaten gehe man wieder davon ab. Interdisziplinäre Kooperation werde durch die Ausgliederung erschwert. Das gehe auch zulasten der Studenten. Für die Medizin seien "Nachbardisziplinen" wie Jurisprudenz oder Ethik aber besonders wichtig. Der Verwaltungsaufwand werde "mit hoher Sicherheit größer". Es gebe eine Verdoppelung der Hierarchien.
Die Medizin gerate in noch
größere Abhängigkeit der Spitalsträger, die generell die Pa 3. Spalte
tientenversorgung und nicht
Lehre und Forschung im Vordergrund sähen.
In der Medizin flössen zudem "ungeheure" Geldsummen durch Privathonorare
und Pharma-Aufträge. Das
müsse man kontrollieren, was
in einer eigenen Uni schwieriger sei. Gewisses Verständnis
zeigt Grünewald dennoch für
Schütz: "Die Reform hat einen
Fluchtreflex ausgelöst." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 9.3.2002)