Wien - Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich betreibt das Arbeitsmarktservice (AMS) Zahlenkosmetik. Konkret gibt das AMS mit Jobvermittlungen an, die ohne sein Zutun zustande kamen. Sowohl die AMS- Bundesgeschäftsführung als auch die Landesdirektoren von Oberösterreich, Wien und Niederösterreich bestätigten gegenüber dem Standard die gängige Praxis, auch privat oder zufällig passierte Stellenbesetzungen als AMS-Erfolg hinzustellen."Echte Vermittlungen" So präsentiert das AMS der Öffentlichkeit stolze 247.00 vermittelte offene Stellen fürs Jahr 2001. Doch die "echten" Vermittlungen, bei denen das AMS auf eine offene Stelle tatsächlich Arbeitssuchende vermitteln konnte, machen nur 71.400 aus, also 30 Prozent. Und in Niederösterreich kamen im Vorjahr nur 13.000 von über 60.000 Jobvermittlungen direkt durchs AMS zustande, in Wien waren es 10.175 von 69.912 Vermittlungen. "Wenn ein gemeldeter Arbeitsloser von selber oder über seine privaten Kontakte einen neuen Job findet, bucht das der AMS-Berater als Erfolg ab", hatten Standard-Recherchen in informierten Kreisen ergeben. Dasselbe passiert, wenn Arbeitssuchende mit einer Wiedereinstellungszusage automatisch zum früheren Arbeitgeber zurückkommen. Das ist bei einem Drittel der Arbeitslosen der Fall. Konnte ein Betrieb, der dem AMS offene Stellen gemeldet hatte, diese inzwischen anderswie besetzen, wertet dies das AMS ebenfalls als geglückte Stellenbesetzung. "Unklar kommuniziert" Eine Sprecherin des AMS Wien und Niederösterreichs AMS-Chef Werner Homrighausen verteidigen diese Praxis so: "Sonst würde ein Großteil unserer Erfolge verloren gehen." Schließlich habe das AMS im Interesse der gesamten Volkswirtschaft sehr viel Geld in Internetplattformen und Automaten investiert, um die Eigeninitiative zu fördern. Wenn Arbeitssuchende sich nun über Automaten, Stellenbeschreibungen oder via Internet neue Jobs verschafften, sei das zumindest ein indirekter Beitrag. Und Oberösterreichs AMS- Chef Roman Obrovski räumt ein, dass "unklar" kommuniziert wurde. Grüne Kritik Karl Öllinger von den Grünen verurteilt solche Zahlenspiele. Schuld daran sei aber der "ungeheure" Quotendruck, unter dem das AMS stehe. Das Starren auf quantitative Ziele verhindere Nachhaltigkeit. Vom Rechnungshof, der seit einem Jahr das AMS prüft und die Datenerhebung abgeschlossen hatte, wurde diese Meldungspraxis nicht durchleuchtet, bestätigt ein Rechnungshofsprecher. (Lydia Ninz, DER STANDARD, Printausgabe 9.3.2002)