Europa
Berlusconi "hat diesselbe Kultur wie Haider"
Italiens Linke übt scharfe Kritik am Stil des Regierungschefs - UNO-Sonderbeauftragter prüft Autonomie der Justiz
Rom - Ein Interview des Fraktionschefs der italienischen
Linksdemokraten (DS), Luciano Violante, mit der "Süddeutschen
Zeitung" (Freitagausgabe) hat Entrüstung im Bündnis von
Ministerpräsident Silvio Berlusconi ausgelöst. Violante warf
Berlusconi vor, kein normaler Politiker für eine westliche Demokratie
zu sein. "Seine Verachtung der politischen Regeln und des Parlaments
sind nicht demokratisch", so Violante. Berlusconi sei Teil eines
europäischen Phänomens. "Da gibt es eine neue Rechte, Haider in
Österreich. Die politische Kultur ist dieselbe: Populismus,
Nationalismus, Rassismus. Berlusconi ist nicht allein", sagte
Violante. Violante machte auf die wiederholten Attacken des Chefs der Lega
Nord, Umberto Bossi, gegen die EU aufmerksam. "Für diese neue Rechte
sind Europa und die europäische Einigung eine Bedrohung. Manche
zeigen es, wie Lega-Nord-Chef Umberto Bossi, der deswegen aus Brüssel
scharf zurechtgewiesen worden ist. Das war richtig und notwendig. Ich
glaube aber trotzdem nicht, dass die EU Maßnahmen gegen Italien
ergreifen sollte. Haider verliert in Österreich an Zustimmung - durch
einen normalen, demokratischen Prozess. Auch hier in Italien muss
schlicht und einfach unsere eigene Demokratie reagieren", so
Violante.
Die Worte des Spitzenpolitikers der Linken sorgten für heftigen
Widerspruch in römischen Regierungskreisen. "Violante ist und wird
nach wie vor ein Kommunist bleiben. Er verleumdet seine Gegner und
versucht, sie in Verruf zu bringen. Er benutzt die ausländischen
Meiden zu terroristischen Zwecken", so der Fraktionschef der
Berlusconi-Partei Forza Italia im Senat, Renato Schifani.
Der Abgeordnete des Mitte-Rechts-Blocks, Luca Volonte, warf
Violante vor, eine neue Offensive gegen Berlusconi in Hinblick auf
die Kommunalwahlen am 26. Mai gestartet zu habe. Die Linke befürchte
eine weitere Niederlage und versuche Berlusconi in Misskredit zu
bringen, so Volonte.
Ein Sonderbeauftragter der UNO wird in der
nächsten Woche in Italien Beschwerden nachgehen, die Regierung des
Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bedrohe die Unabhängigkeit der
Justiz. Der Sonderberichterstatter der Genfer
Menschenrechtskommission, Param Cumaraswamy, sagte am Freitag, er
werde vom 12. bis 14. März in Italien sein und mit den Ministern für
Justiz und Inneres sowie wie Parlamentariern, Richtern und
Staatsanwälten sprechen.
Die Staatsanwälte führen die Proteste gegen die Pläne für eine
Justizreform an, die sie als Angriff auf die Unabhängigkeit des
Rechtswesens verstehen. Sie verdächtigen den Großunternehmer
Berlusconi, sich schützen zu wollen. Gegen ihn sind drei
Ermittlungsverfahren wegen Korruption angestrengt worden. Die
Vorwürfe stammen aus der Zeit vor seinem Amtsantritt im vergangenen
Jahr.
Cumaraswamy schrieb der italienischen Regierung im Jänner, es
bereite ihm Sorge, dass hunderte von Staatsanwälten an Protesten
teilgenommen hätten und ihr vorwürfen, die Unabhängigkeit der Justiz
unterlaufen zu wollen. Zu seinen Gesprächspartnern gehört der
Oberstaatsanwalt von Mailand, Gerrado d'Ambriso, und Francesco
Saverio Borelli, der Präsident des italienischen
Berufungsgerichtshofes.
Der malaysische Jurist, der das Amt eines Sonderberichterstatters
für Unabhängigkeit der Justiz und der Anwaltschaftseit 1994
bekleidet, wird das Ergebnis seiner Beratungen am 5. April in der
Kommission vortragen.(APA/Reuters)