Brüssel - Die EU-Kommission hat offizielle Konsultationen mit den USA über die von Präsident George Bush angekündigten Schutzzölle auf Stahlimporte verlangt. Wie ein Sprecher der Behörde am Freitag in Brüssel erläuterte, stellt dies den ersten Schritt für eine Beschwerde der Europäer bei der Genfer Welthandelsorganisation WTO dar. Die Konsultationen sollen zwei Monate dauern. Zugleich brachte Brüssel auch die Forderung vor, gemäß den WTO-Regeln Entschädigungen verlangen zu können, falls die USA keinen plötzlichen Anstieg der Stahlimporte aus der EU nachweisen könne. Mit dem Stahlstreit soll der für die Anrufung von Schutzklauseln zuständige Ausschuss der EU-Mitgliedstaaten am 12. März befasst werden. Auch die EU-Außenminister dürften sich am Rande ihrer Ratssitzung kommenden Montag in Brüssel mit dem neuesten transatlantischen Handelskonlfikt befassen. EU-Diplomaten waren am Freitag allerdings bemüht, den "Stahlkrieg" herunter zu spielen. Derzeit gebe es 19 Handelskonflikte mit den USA, Stahl sei nur einer davon. "Wir können einander sehr weh tun", da EU und USA wirtschaftlich etwa gleich stark seien, hieß es in Brüsseler EU-Kreisen. Daher habe man bisher noch immer einen Kompromiss gefunden. Überwachungsmechanismus Sorge bereitet der EU die Gefahr, dass Drittländer wegen der US-Schutzzölle ab 20. März versuchen könnten, den europäischen Markt mit ihren Erzeugnissen zu überschwemmen. Bereits am 1. Jänner hat die EU daher vorsorglich einen Überwachungsmechanismus für die Entwicklung der Importe eingerichtet. Sollte ein starker Anstieg der Einfuhren ermittelt werden, will die EU laut dem Kommissionssprecher Schutzmaßnahmen etwa in Form von Importquoten oder Zöllen ergreifen. Dabei sollen aber die "traditionellen Handelsströme" aus Osteuropa und anderen Lieferländern aufrechterhalten bleiben. Im Gegensatz zu den USA sollen die EU-Schutzmaßnahmen "nicht-diskriminierend" auf alle Lieferstaaten angewendet werden. Die USA haben bekanntlich einige Länder wie Mexiko oder Kanada davon ausgenommen. In Wien wird befürchtet, dass die amerikanischen Schutzzölle EU-intern zu Umleitungen des Stahlhandels führen könnten, etwa aus Deutschland nach Österreich. Von den amerikanischen Zöllen ist die österreichische Stahlindustrie nur marginal betroffen. Lamy: EU zu Gegenmaßnahmen wegen US-Schutzzöllen berechtigt Wie EU-Handelskommissar Pascal Lamy am Freitag zur Causa bekannt gab, ist die Europäische Union wegen der US-Schutzzölle auf Stahlimporte möglicherweise zu Gegenmaßnahmen berechtigt, falls die USA keinen Ausgleich für die entstehenden Nachteile der EU leisten. "Nach einer Lesart (der Rechtsnormen) könnten wir zu einem Ausgleich berechtigt sein. Falls der Ausgleich abgelehnt wird, könnten wir zu Gegenmaßnahmen berechtigt sein. Wir untersuchen dies", sagte Lamy am Freitag vor Journalisten. (APA/Reuters)