Jerusalem/Washington - Am bisher blutigsten Tag seit Ausbruch der Intifada vor mehr als 17 Monaten sind am Freitag mindestens 44 Palästinenser und ein israelischer Soldat ums Leben gekommen. Wenige Tage vor Beginn einer neuen US-Vermittlungsmission schloss Israels Regierungschef Ariel Sharon Verhandlungen über eine Waffenruhe ohne vorherige Feuerpause zum ersten Mal nicht mehr aus. Die israelische Armee reagierte erneut mit größter Härte, nachdem am Donnerstagabend fünf israelische Jugendliche in der Siedlung Atzmona im Gazastreifen von einem palästinensischen Extremisten getötet und 23 verletzt worden waren. Sharon äußerte sich am Freitagabend im israelischen Fernsehen. Der Kurswechsel des Ministerpräsidenten kommt wenige Tage vor Beginn einer neuen Vermittlungsmission des US-Nahostbeauftragten Anthony Zinni. Bisher hatte Sharon "Verhandlungen unter Feuer" stets abgelehnt. Zinni soll nach den Worten von US-Präsident George W. Bush in der kommenden Woche versuchen, den Plan von CIA-Chef George Tenet zur Beendigung der Gewalt umzusetzen. Arafat fordert US-Intervention Sharon befürwortete die neue Mission Zinnis, "um Gewalt, Terror und Aufhetzung ein Ende zu bereiten". Aus Sicht der Palästinenserführung ist die Entsendung des US-Vermittlers nicht genug. "Sie (die US-Amerikaner) müssen Israel sagen, dass die Massaker sofort beendet werden", sagte Informationsminister Yasser Abed Rabbo in Ramallah. Palästinenser-Präsident Yasser Arafat bat in einem Telefongespräch mit US-Außenminister Colin Powell um sofortige Intervention der USA. Die Palästinenserführung forderte außerdem den UNO-Sicherheitsrat auf, sofort internationale Beobachter zum Schutz der Palästinenser zu entsenden. Der jordanische König Abdullah II. kündigte an, er wolle am 18. März in Mexiko mit Präsident Bush über die Situation in den palästinensischen Gebieten sprechen. Bei Kämpfen im Flüchtlingslager der autonomen Palästinenserstadt Tulkarem erschossen israelische Soldaten bis zum Abend mindestens 13 Menschen, darunter einen neunjährigen Jungen. Bei den Angriffen wurde auch ein 20- jähriger Soldat getötet. Nach Angaben der israelischen Armee ergaben sich am Freitagnachmittag Dutzende von palästinensischen Kämpfern. Im südlichen Gazastreifen starben 16 Palästinenser bei Kämpfen, nachdem die israelische Armee mit Panzern in das Dorf Abasan vorgerückt war. Zu den Opfern gehörten auch der Sicherheitschef für den südlichen Gazastreifen, Ahmed Mefredsch. Bei einem Feuerangriff israelischer Schnellboote auf eine Polizeistation in Gaza kamen drei Polizisten und ein Sanitäter ums Leben. Fünf Menschenleben forderte der Vorstoß der israelischen Armee auf die autonome Stadt Bethlehem. Zu den Opfern zählt neben einer Frau auch der Direktor eines Krankenhauses. Ein 13-jähriger Junge starb in einem Dorf bei Jenin, nachdem eine israelische Panzergranate in seinem Haus eingeschlagen war. Im Norden Jerusalems wurde ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter erschossen, der nach Angaben der israelischen Armee einen Sprengstoffgürtel trug. Am Grenzübergang Erez zum Gazastreifen wurden am Abend zwei weitere Palästinenser erschossen. Die israelische Offensive folgte dem Anschlag eines palästinensischen Terroristen auf die jüdische Siedlung Atzmona im Gazastreifen. Dabei wurden nach Angaben des israelischen Rundfunks fünf Israelis getötet und 23 verletzt. Der Attentäter hatte zuerst Handgranaten in eine religiöse Schule geworfen und dann das Feuer eröffnet. In dem Unterrichtsraum hielten sich zur Tatzeit knapp 100 Jugendliche auf. Zu dem Anschlag bekannte sich die radikale Hamas- Organisation. Am selben Abend war auch ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen in Tulkarem durch israelische Schüsse ums Leben gekommen. (APA/dpa)