Wirtschaft
75 Prozent der Geschäftsbedingungen falsch
Gewährleistungsrecht neu - Nur 60 Prozent der Unternehmen haben AGB umgestellt
Wien - Das seit 1. Jänner 2002 geltende neue
Gewährleistungsrecht wird in der Praxis noch nicht durchgehend
umgesetzt. Wie eine aktuelle Studie des Vereins für
Konsumenteninformation (VKI) ergeben hat, haben zwar 60 Prozent der
Unternehmen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf die neuen
Fristen umgestellt, 75 Prozent verstoßen aber dennoch gegen das
Gewährleistungsrecht. "Wir werden mit genauen Prüfungen und notfalls
auch Klagen in den nächsten Monaten für Aufklärung sorgen" kündigte
Justiz- und Konsumentenschutzminister Dieter Böhmdorfer (F) am
Mittwoch in einer Pressekonferenz am Rande einer Tagung zum Thema
Gewährleistungsrecht in Wien an. Laut Böhmdorfer finden sich beispielsweise in vielen AGB so
genannte Rügepflichten, die es zwar im Großhandel nicht, aber
gegenüber Konsumenten gebe. Diese besagen, dass ein Käufer die Ware
sofort prüfen und schriftlich auf Mängel hinweisen muss und gelten
nur im Handelsrecht, also zwischen Unternehmern. Ein Computerhändler
wurde laut Ministerium bereits gerügt, weil er - neben anderen
Verstößen gegen das neue Gewährleistungsrecht - dies auch von seinen
Privatkunden verlangt. Sollte er bis nächste Woche seine
Geschäftsbedingungen nicht ändern, werde der VKI eine Verbandsklage
einbringen.
Rund 60 Klagen jährlich
Die Konsumentenschützer bringen laut Böhmdorfer pro Jahr rund 60
solcher Klagen ein - mit finanzieller Rückendeckung des
Konsumentenschutzministeriums - von denen 95 Prozent gewonnen werden.
Urteile im Zuge einer Verbandsklage gelten nicht nur für den
betroffenen Fall, sondern für die gesamte Branche.
Böhmdorfer sprach sich neuerlich gegen den generellen Einsatz von
Schlichtungsstellen zur Beilegung von Streitfällen aus. Der VKI führe
immer wieder Musterprozesse, um Ansprüche auch durchzusetzen. Der
Aufwand und die Dauer eines Gerichtsverfahrens dürfte keine Argument
sein, um auf sein Recht zu verzichten, betonte Böhmdorfer.
"Meilenstein"
Der Justiziminister bezeichnete das neue Gewährleitungsrecht als
einen "Meilenstein, der für die Wirtschaft aber große Belastungen
bringt". Die meisten Branchen hätten sich im Vorfeld aber kooperativ
gezeigt, vor allem die Gebrauchtwarenhändler.
Das neue Gewährleistungsrecht sieht eine Ausweitung der
Gewährleitungsfrist für Sachgüter und Dienstleistungen von früher 6
Monate auf nun 2 Jahre vor, die nur bei Gebrauchtwaren mit
beiderseitigem Einverständnis verkürzt werden kann. In den ersten
sechs Monaten nach dem Kauf muss bei Auftreten von Schäden der
Händler beweisen, dass der Mangel ursprünglich noch nicht da war.
Strengere Regeln gelten nun auch für Werbe- und Garantieversprechen,
sowie Schäden, die bei der Montage durch den Verkäufer entstehen.
Wenn ein Gerät schadhaft ist, muss der Händler entweder reparieren,
austauschen oder den Preis herabsetzen. (APA)