Europa
Temelin-Direktor: Ich bin von Österreich betrogen worden
Hezoucky erhebt schwere Vorwürfe gegen österreichische Experten und Politiker
Wien - Seit einem Jahr wartet der Direktor des südböhmischen
Atomkraftwerks Temelin auf eine Antwort aus Wien: Er hatte
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zum Besuch "seines" Kraftwerks
eingeladen, um dem Regierungschef des Nachbarlandes die Sicherheit
der Anlage zu demonstrieren. "Der hat sich gar nicht gerührt", sagt
Frantisek Hezoucy im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Presse"
(Mittwochausgabe). Das passe genau ins Bild, klagt der tschechische Atomtechniker:
"Ich bin der Meinung, dass die österreichische Bevölkerung einseitig
gefärbte Informationen bekommen hat. Und zwar von den Aktivisten."
Wiens Umweltministerium habe für den Kampf gegen Kernkraftwerke
ein Institut beauftragt, "das eine professionelle Begründung liefern
sollte. Wir haben mit diesen Leuten sehr eng kommuniziert. Die
Informationen, die sie von uns bekommen haben, würden sie nirgends in
der Welt kriegen. Was war die Folge? Diese Informationen wurden nicht
zur Beruhigung der Bevölkerung benutzt - damit die Leute etwa wissen,
dass es keine Gefahr gibt, wenn mit der Turbine etwas los ist!"
Vor einiger Zeit seien österreichische Abgeordnete und Fachleute
zu Besuch in Temelin, sagt Hezoucky. Einer der Experten habe betont:
"Wir wissen doch Bescheid, dass das hier kein Schrottreaktor ist."
Kaum heimgekehrt, habe der Österreicher genau das Gegenteil
behauptet. "Wir hören aus Österreich immer: Die verschweigen etwas,
die verheimlichen etwas. Aber das Gegenteil ist wahr! Ich war immer
für eine offene Informationspolitik. Und jetzt muss ich feststellen,
dass ich betrogen worden bin!" (APA)