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foto: apa/neumayr
Nun also liegt es fertig auf dem Tisch, das Integrationspaket. Und jeder darf sich herauspicken, was er will. Vorausgesetzt natürlich, dass er überhaupt will. Denn das Paket ist so gepackt, dass seine Inhalte nur einzelnen Interessen wirklich gerecht werden.

Denen von Peter Westenthaler entsprechen sie, daran ließ der Klubchef am Montag keinen Zweifel: "Österreich war kein Einwanderungsland, Österreich ist kein Einwanderungsland, und Österreich wird nie ein Einwanderungsland sein." Diese Botschaft wird die FPÖ nun fleißig verbreiten. Das ist sie ihren Wählern schuldig. Und je mehr sich die Gegner der Freiheitlichen über den Integrationsvertrag und dessen Interpretation durch Westenthaler erregen, desto eher wird Westenthaler von den Seinen geglaubt werden.

Und umso ungenierter werden sich die wahren Nutznießer aus dem Paket bedienen können. Denn was Westenthaler als Erfolg für die Zuwanderungsgegner verkauft, ist in Wirklichkeit maßgeschneidert für die Bedürfnisse der Wirtschaft. Man erinnert sich: Jahrelang lautete das Argument der Wirtschaftstreibenden, dass Österreich die Zuwanderung von Arbeitskräften brauche - andernfalls der Wohlstand gefährdet wäre.

Nun aber schweigt die Wirtschaft - und dieses Schweigen darf durchaus als Zustimmung gewertet werden zu einem Paket, das etwa für Schlüsselarbeitskräfte die Grenzen weit aufmacht: Wer für einen Arbeitnehmer ein Mindestgehalt von 1962 Euro brutto im Monat aufwendet, kann sich einen im Vergleich zu den Gehaltsforderungen heimischer Spitzenkräfte immer noch billigen ausländischen Mitarbeiter ins Land und in den Betrieb holen.

Das Procedere für die Erlangung des Schlüsselkräfte-Status zeigt schon, wie die Verhältnisse gedacht sind: Der Antrag auf Zulassung als Schlüsselkraft wird zwar vom künftigen Mitarbeiter gestellt, aber vom Arbeitgeber eingebracht. Das bedeutet, dass die Arbeitgeber auf dem internationalen Markt anwerben können, wer ihnen passt - während eine aktive Arbeitssuche durch migrationswillige Ausländer nicht vorgesehen ist.

Und das Ganze soll auch noch flotter gehen als bisher - ein Unternehmer, der einen geeigneten Ausländer gefunden hat, kann ihm innerhalb eines Monats die begehrte Vignette für seinen Pass verschaffen. Ebenso dankbar wird die Wirtschaft auch für die Erleichterungen beim Saisoniermodell sein. Allein das Faktum, dass es Strafverschärfungen für die Ausbeutung Fremder gibt, mag die Unternehmer ein wenig verstören - aber da das Arbeitsinspektorat chronisch unterbesetzt ist, wird dieser Punkt in der Praxis nicht allzu viel Bedeutung erlangen.

Und was ist für die Betroffenen, die bisherigen und künftigen Migranten, in dem Paket enthalten? Nichts, was man nicht schon vor der Präsentation am Montag gewusst hätte. Es wird einen sanften (und sich immer weiter verschärfenden) Druck geben, unsere Sprache zu lernen. Das ist eine höchst notwendige Regelung, wie jeder weiß, der Einblick in öffentliche Schulen in einem Gebiet mit hohem Ausländeranteil hat.

Es passt in das ideologische Konzept der schwarz-blauen Regierung, dass die Menschen, die hier leben und arbeiten wollen, nicht nur unsere Sprache, sondern auch unsere Sitten lernen (und womöglich übernehmen) sollen.

Willkommen ist, wer zu uns passt - wirtschaftlich und kulturell. Will sagen: wer akzeptiert, dass unsere Kultur eine ist, in der die Wirtschaft den Ton angibt. Das ist die wahre Botschaft, die von diesem Integrationspaket vermittelt wird.

Das Paket, das die Gemeinde Wien in ihrem Bemühen um einen sozialdemokratischen Gegenpol zur Bundesregierung präsentiert hat, vermittelt eine andere Botschaft. Eine von einer multikulturellen Gesellschaft, in der die Wirtschaft nur eine Nebenrolle spielt. Das ist noch unrealistischer als Herrn Westenthalers Behauptung, es gebe keine Einwanderung. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 5.3.2002)