Nahost
Sharon: "Sind im Krieg mit einem blutrünstigen Gegner"
Premier droht Palästinensern angesichts der jüngsten Anschläge mit "vielen Toten" - Israels Armee verschärft Gangart: 16 Tote
Jerusalem/Washington/Ramallah - Israels
Ministerpräsident Ariel Sharon hat den Palästinensern mit weiteren
Toten gedroht. Die Palästinenser sollten sich noch auf "hohe
Verluste" einstellen, bevor die Konfliktparteien an den
Verhandlungstisch zurückkehren könnten, sagte Sharon am Montag im
Parlament. Als Reaktion auf eine Serie blutiger Attentate verschärfte
Israel seine Angriffe in den Autonomiegebieten. Mindestens 16
Palästinenser wurden dabei nach palästinensischen Angaben getötet,
unter ihnen Kinder und Jugendliche. Mit Panzern drang die Armee
erneut in Flüchtlingslager im Westjordanland und im Gaza-Streifen
ein. In Ramallah wurden eine Palästinenserin und fünf Kinder von
einem Panzergeschoss getötet. Israel sei "im Krieg" mit "einem grausamen und blutrünstigen
Gegner", sagte Sharon in der Knesseth. "Die Palästinenser sollten
sehr hart getroffen werden", fügte der Premier vor Journalisten
hinzu. Erst wenn sie sich besiegt fühlten, würden sie an den
Verhandlungstisch zurückkehren. Die Eskalation der Gewalt fordert
einen immer höheren Blutzoll. Am Wochenende waren bei
palästinensischen Anschlägen 22 Israelis getötet worden. Am Montag
tötete die israelische Armee bei Militäraktionen gegen
palästinensische Extremisten 17 Menschen. Am Abend wurde die - vorher
geräumte - palästinensische Geheimdienstzentrale in Bethlehem
bombardiert. Der Führer der Fatah-Organisation im Westjordanland,
Marwan Barghuti, kündigte unterdessen weiteren Widerstand gegen die
israelischen Angriffe an.
Das Sicherheitskabinett unter Sharon hatte am Sonntagabend
einstimmig den von der Armee vorgeschlagenen Kurs einer Verschärfung
der Offensive gebilligt. Es reagierte damit auf mehrere
palästinensische Attacken, bei denen am Wochenende mindestens 20
Israelis getötet worden waren. Aus Parlamentskreisen hieß es, Israel
plane nach dem Einmarsch in Jenin und Balata Angriffe auf weitere
palästinensische Flüchtlingslager. Palästinenser-Präsident Yasser
Arafat soll nach dem Willen des Sicherheitskabinetts auch weiterhin
nicht militärisch angegriffen werden. Die Militäreinsätze sollen der
Erklärung zufolge vor allem auf die "Brigaden der El-Aksa-Märtyrer"
und die Tansim-Milizen zielen, zwei militärische Arme von Arafats
Fatah-Bewegung.
Im Flüchtlingslager El-Amari bei Ramallah im Westjordanland
beschoss die israelische Armee mit einem Panzergeschoss zwei Autos
und tötete mindestens sechs Palästinenser. Unter ihnen waren die
Ehefrau und drei Kinder eines örtlichen Führers der
radikal-islamischen Hamas-Organisation. Die Hamas sprach von einem
gezielten Tötungsversuch und kündigte Vergeltung an. In dem anderen
Auto wurden ein vierjähriges Mädchen und ein 16-jähriger Bub getötet.
Die israelische Armee entschuldigte sich für den Tod von unschuldigen
Zivilisten. Ihr eigentliches Ziel sei ein Auto mit bewaffneten
palästinensischen Polizisten gewesen.
Am Morgen war die Armee in das Flüchtlingslager Jenin im
Westjordanland eingedrungen, sie erschoss den lokalen Anführer der
"Brigaden der El-Aksa-Märtyrer". Fünf weitere Palästinenser wurden
getötet, 14 verletzt. Bei Nablus im Westjordanland töteten
israelische Soldaten einen Palästinenser, der eine Straßensperre
durchbrechen wollte. In der Nacht drangen israelische Soldaten auch
in das Flüchtlingslager Rafah im Süden des Gaza-Streifens ein und
erschossen drei Palästinenser. Im Norden des Westjordanlands wurden
zwei von Kugeln getötete Palästinenser entdeckt. Einer sei Mitglied
der radikalen Palästinenser-Organisation Islamischer Dschihad, hieß
es aus palästinensischen Sicherheitskreisen.(APA/Reuters/AP)