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Einfach herrlich – das Fahren ist gewiß eine der schönsten Disziplinen im breiten Spektrum des Pferdesports.

Foto: Archiv Pferderevue/Benes

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Sonnenschein und brave Noriker im Geschirr – das Fahren ist ein Freizeitvergnügen für die ganze Familie.

Foto: Archiv Pferderevue
Der Fahrsport findet immer mehr Anhänger. Ist man anfangs vielleicht nur begeisterter Schlachtenbummler bei Fahrturnieren, wünscht der Fan sich über kurz oder lang selber ein Gespann zu lenken. Reiter finden eine wunderbare Ergänzung zum ihnen vertrauten Hobby. Andere Pferdeliebhaber ziehen aus gesundheitlichen, altersbedingten oder anderen Gründen den Kutschbock dem Sattel vor. Und Menschen, die bislang mit Pferden überhaupt nichts zu tun hatten, entdecken die Faszination des Fahrsports oft überraschend. Um beim Fahren von Anfang an gute Erfahrungen zu sammeln, gilt es, eine fundierte Grundausbildung zu absolvieren. Vor ersten Fahrversuchen auf eigene Faust sei dringend abgeraten: "Selfmade-Kutscher" sind eine potentielle Gefahr für sich und ihre Umwelt – ebenso wie Pferde, denen ohne eine entsprechende Ausbildung das Geschirr angelegt wird. Fahren wie Reiten soll nur von geprüften Ausbildern gelehrt werden. Der Ausbildungsweg Hat man sich entschieden, den Fahrsport von der Pieke auf zu lernen, sucht man am besten einen Betrieb mit geprüftem Lehrpersonal auf. Das österreichische Ausbildungsregulativ sieht folgende Hierarchie vor: – Der FENA-geprüfte Fahrwart ist befähigt, den Übungsbetrieb im Breitensport zu leiten und seine Schüler auf den Wettkampfsport vorzubereiten. – Der staatlich geprüfte Instruktor für Gespannfahren ist im Sinne des BMUK eine ausgebildete und qualifizierte fachkundige Person, die befähigt ist, Fahrunterricht in allen Altersstufen zu erteilen. – Der staatlich geprüfte Lehrer für Gespannfahren ist im Sinne des BMUK eine ausgebildete und qualifizierte fachkundige Person, die befähigt ist, Fahrunterricht in allen Alters- und Leistungsstufen zu erteilen und darüber hinaus qualifiziert ist, Pferde einschlägig auszubilden, Leistungssportler zu trainieren und im Wettkampf zu betreuen. – Der Fahrmeister ist ein qualifizierter Experte, welcher nachweislich Pferde bis zur höchsten Leistungsklasse ausgebildet hat. Die Grundausbildung Für Neueinsteiger im Fahrsport empfiehlt sich die Teilnahme an einem Kurs. Der Neuling wird im Rahmen eines solchen Kurses zum Bronzenen Fahrabzeichen in die Grundkenntnisse der Fahrlehre nach Achenbach eingeführt, der bei uns üblichen Fahrweise. Praktische Übungen (Haltungen, Griffe und Leineneinwirkung) werden zuerst am Fahrlehrgerät trainiert, um das Pferd – insbesondere sein Maul – zu schonen. Danach stehen das korrekte Anspannen und das Fahren mit zuverlässigen Schulgespannen auf dem Programm. Unter fachkundiger Aufsicht können erste Fahrversuche und Ausfahrten ins Gelände streßfrei absolviert werden. Im Anschluß an den Kurs wird eine Prüfung abgelegt, bei der sich der Richter überzeugt, daß der Kandidat über ausreichendes theoretisches und praktisches Wissen verfügt. Das Mindestalter für die Prüfung beträgt 14 Jahre. Das Bronzene Fahrabzeichen bestätigt – ähnlich dem Reiterpaß – eine abgeschlossene Ausbildung und erleichtert den Nachweis nötiger Fahrkenntnisse im Straßenverkehr, was im Falle eines Unfalls von großer Wichtigkeit ist. Überlegt man nun, sich ein eigenes Gespann anzuschaffen, sollte man unbedingt einen erfahrenen Fachmann zu Rate ziehen. Der Wagen Bei Freizeitfahrern bietet sich fürs erste der Kauf eines gebrauchten Wagens an. Es empfiehlt sich, einen objektiven Fachmann zu Rate zu ziehen, der den Gesamtzustand des Wagens fachkundig beurteilen kann. Will man damit auf öffentlichen Wegen unterwegs sein, muß jeder Wagen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) erfüllen. Unter anderem muß der Wagen über eine Feststellbremse verfügen, vorne mit weißen Reflektoren und hinten mit roten Rückstrahlern ausgestattet sein sowie in der Dämmerung beleuchtet sein (vorne und seitlich weißes Licht, hinten rotes). Ein weiteres Muß sind gute und standfeste Bremsen (Scheibenbremsen!). Oft weisen gebrauchte Produkte Mängel auf – scharfe Kanten und spitze Enden sind bei einem Wagen völlig unakzeptabel, da sie ein beträchtliches Verletzungsrisiko für Mensch und Tier darstellen. Der Anfänger findet in der Regel mit einen sogenannten Freizeitwagen das Auslangen. Dieser bietet mehr Platz als ein Turnierwagen – Passagiere und Familienmitglieder können bequem mitfahren. Gebrauchte Wagen sind etwa ab € 3.500,– erhältlich, neue ab € 6.000,–. Die Art der Ausführung, die Qualität der Verarbeitung und die technische Ausstattung beeinflussen den Preis erheblich – nach unten, vor allem aber nach oben. Das Geschirr Beim Geschirr greifen die meisten Anfänger zum bewährten Brustblattgeschirr. Es ist verstellbar und daher für verschiedene Pferde verwendbar. Im Vergleich dazu ist ein Kumtgeschirr teurer, es muß maßgefertigt werden und kann daher nur für ein bestimmtes Pferd verwendet werden. Freilich, das Herz eines echten Fahrsportfans wird beim Anblick eines prächtig glänzenden Kumtgeschirrs höher schlagen. Doch sollte beim Anfänger die Vernunft siegen. Das auf diese Weise gesparte Geld kann in die Qualität des Geschirrs investiert werden. Für Pferde und Menschen kann es lebensgefährlich, ein minderwertiges Geschirr zum Schnäppchenpreis zu erwerben und dabei zu riskieren, daß es einem bei der ersten großen Belastung um die Ohren fliegt. Qualitätsprodukte eine längere Lebensdauer, sind aus höherwertigem Material hergestellt und besser verarbeitet (schlecht verarbeitete Nähte können Scheuerstellen verursachen). Die Leinen, welche beim Achenbach-Geschirr braun sind, sollten aus bestem Kernleder von der Kuhhaut sein, damit sie sich bei Nässe nicht zusammenziehen oder dehnen. Last, not least ist neben der Lederqualität auch die richtige Pflege von Bedeutung, da selbst das beste Leder rissig und brüchig wird, wenn es keine regelmäßige Pflege erfährt. Gute Qualität hält zwar ein Leben lang, hat aber ihren Preis: Für ein neues Brustblattgeschirr beim Einspänner sollte man € 1.800,– (ca. öS 25.000,–) veranschlagen, beim Zweispänner kann man mit € 2.500,– (ca. öS 35.000,–) rechnen. Selbstverständlich sind gebrauchte Geschirre billiger zu haben. In Österreich gibt es eine Reihe feiner Sattlereibetriebe, die sich auf die Herstellung und die fachgerechte Reparatur von Leinen und Geschirren spezialisiert haben. Ebenso wie beim Kauf und Anpassen des Geschirrs soll auch bei der Wahl des Gebisses ein erfahrener Ausbildner hinzugezogen werden, um grundlegende Fehler zu vermeiden. Die Bekleidung Wichtig beim Fahren ist die richtige Bekleidung. Praktisch, bequem, robust, gut zu pflegen, attraktiv anzuschauen – das sind die Ansprüche, die ein Fahrer an seine Wäsche stellt. Wind- und wetterfeste Jacken, ein stabiles Schuhwerk, Kopfbedeckung und griffige Handschuhe sind ein absolutes Muß. Zur Ausrüstung gehört auch eine gebrauchsfähige Peitsche, die beim Fahren eingesetzt wird, um die Schenkel- und Kreuzhilfen des Reiters zu ersetzen. Die Pferde Grundsätzlich sind Pferde aller Rassen und Sparten fahrtauglich. Die meisten Reitpferde können ohne Bedenken von einem Fachmann eingefahren werden, ohne daß es zu Schwierigkeiten kommt. Die Meinung eines Experten empfiehlt sich übrigens auch beim Kauf eines Fahrpferdes. Auch wenn fast alle Pferde physisch fahrtauglich sind, spielt der Charakter der zukünftigen Sportpartner eine große Rolle. Denn gerade in der Lernphase braucht der ungeübte Fahrer absolut zuverlässige, nervenstarke und verkehrssichere Pferde, die sich im Gespann ruhig verhalten und trotzdem energisch vorwärts gehen. Übrigens, durch das Fahren entstehen beim Reiten keinerlei Nachteile für das Pferd. Eher das Gegenteil ist der Fall: Andere Muskelgruppen werden beansprucht, und die unterschiedliche Form der Bewegung – ohne Reitergewicht – verschafft dem Pferd Entspannung. Leider neigen auch Fahrsportler – ähnlich wie Reiter – dazu, sich zu überschätzen. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle davor warnen, Pferde mit übermäßigem Temperament anzuspannen. Es kommt immer wieder vor, daß unerfahrene Fahrer beim Pferdekauf ihren großen sportlichen Vorbildern nacheifern wollen. Das Fahren von leistungsstarken, schwierigen oder hochsensiblen Pferden bedarf jedoch einiger Erfahrung. In unerfahrenen Händen sind solche Gespanne fehl am Platz, sie frustrieren und stellen ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar.Als ungeübter Freizeitfahrer ist man mit braven, unerschütterlichen und charakterfesten Pferden bestens beraten. Mit ihnen können Vertrauen, Sicherheit und Routine aufgebaut werden. Der Weg zur Lizenz Mit einem verläßlichen Gespann und einer soliden Grundausstattung lohnt es sich, zusammen mit dem Fahrtrainer, das Ziel Turniersport in Angriff zu nehmen. Voraussetzung dafür sind natürlich eine entsprechende Anlage und ein fahrtaugliches Gelände, um trainieren zu können. Zuerst wird man bei lizenzfreien Bewerben starten. Ist man mindestens drei Monate im Besitz des Bronzenen Fahrabzeichens und 16 Jahre alt, steht einer Lizenzprüfung nichts mehr im Weg. Auch hier liegt das Hauptaugenmerk auf einer soliden Ausbildung bei einem geprüften Fahrlehrer mit sicheren Schulgespannen. Ab dem 16. Lebensjahr darf man ein Gespann übrigens auch im Straßenverkehr lenken. Es bestehen zwei Möglichkeiten, die Fahrlizenz zu erlangen: – Die Sonderprüfung zur Fahrlizenz F1 beinhaltet einen theoretischen und einen praktischen Teil. In der Praxisprüfung muß die Mindestwertnote 5,0 in der Dressur erreicht werden. Das Ergebnis beim Kegelfahren muß unter einer Maximalfehlerpunkteanzahl liegen, und beim Marathon müssen zwei Hindernisse ordnungsgemäß durchfahren werden. – Die zweite Möglichkeit die Fahrlizenz F1 zu erlangen, besteht darin, drei Vielseitigkeitsprüfungen in der lizenzfreien Klasse zu beenden. F1-Lizenzinhaber können ausschließlich an Fahrprüfungen der Klasse L teilnehmen. Erst nach drei ausgefahrenen Vielseitigkeitsturnieren der Klasse L ist es möglich, um die Fahrlizenz F2 anzusuchen. Inhaber der F2-Lizenz sind nunmehr bei Fahrprüfungen bis zur Klasse S startberechtigt. Gold und Silber Das nächste Ziel des begeisterten Fahrsportlers ist die Erlangung des Silbernen Fahrabzeichens. Während für die Grundausbildung österreichweit eine Reihe von Fahrlehrern zur Verfügung stehen, ist das Angebot zur die Weiterbildung stark reduziert und auf einige wenige Ausbildungsorte beschränkt.Der Kurs und eine erfolgreiche Prüfung zum Silbernen Fahrabzeichen können beispielsweise in einem der beiden großen Fahrsportzentren Altenfelden im Mühlkreis oder Viechtwang im Almtal absolviert werden. Hier sind alle Einrichtungen, geeignete Dressurplätze, eine Halle, genügend Personal, erfahrene staatlich geprüfte Fahrlehrer und gut ausgebildete Vierspännerpferde vorhanden. Für das Silberne Fahrabzeichen muß ebenfalls eine theoretische Prüfung abgelegt werden. Im praktischen Teil muß die Dressurprüfung F3 mit einem Zweispänner mit der Mindestwertnote 6,0 gefahren werden. Weiterer Teil der praktischen Prüfung ist es, einen Vierspänner sicher im Straßenverkehr zu lenken.Das Silberne Fahrabzeichen kann auch aufgrund von Turniererfolgen in der Klasse S verliehen werden. Ebenso können staatlich geprüfte Fahrlehrer dieses Abzeichen aufgrund ihrer Ausbildung beantragen. Die höchste Ehre im Leben eines Fahrers, das Goldene Fahrabzeichen, kann nur durch Verleihung erlangt werden.Sonja Moser/Pferderevue