Telekom
Colt Telecom muss sparen
Rund ein Zehntel der Colt Austria Mitarbeiter wird abgebaut - Wiener Internet Solution Center zugesperrt
Die britische Colt Telecom
Group, nach eigenen
Angaben einer der größten europäischen Telekom-Anbieter im
Geschäftskundenbereich, hat sich 2002 ein kräftiges Sparprogramm
verordnet. Konzernweit will Colt heuer 500 Mitarbeiter abbauen, auch
15 bis 20 der insgesamt 115 Mitarbeiter in Österreich sind betroffen.
Die Kapitalausgaben werden deutlich verringert.
Endgültige Entscheidung fällt erst
Im E-Business-Bereich werden die Aktivitäten konzentriert. Von den
europaweit 18 "Internet Solution Centers" (ISC) sollen sieben,
darunter auch das erst vor etwa einem Jahr um etwa 200 Mill. S
errichtete ISC in Wien, geschlossen werden. Eine endgültige
Entscheidung soll in den nächsten Wochen fallen, zumindest das Wiener
ISC ist in der Bilanz aber bereits abgeschrieben, sagte Alfred
Pufitsch, seit drei Wochen Chef der Colt Austria, vor Journalisten.
"Schwierige Marktbedingungen"
Die "schwierigen Marktbedingungen" im vergangenen Jahr hat auch
die Colt Telecom Austria zu spüren bekommen. Einige Mitbewerber, die
auch Kunden von Colt waren, seien vom Markt verschwunden. Die Preise
seien in vielen Bereichen eingebrochen. Dennoch habe Colt Austria im
vergangenen Jahr die vermittelten Minuten um 62 Prozent erhöht, so
Pufitsch.
Der Österreich-Umsatz stieg 2001 um 13 Prozent auf 34,6 Mill. Euro
(476 Mill. S), der angestrebte Betriebsgewinn vor Abschreibungen
(EBITDA) wurde allerdings nicht erreicht.
Optimistisch für das Gesamtjahr 2002
Im ersten Quartal dieses Jahres erwartet der neue Colt
Austria-Chef eine "etwas flachere Umsatzkurve und Belastungen durch
die Restrukturierungsmaßnahmen". Für das Gesamtjahr 2002 ist Pufitsch
aber "optimistisch": Der Umsatz soll ähnlich wie 2001 ansteigen.
EBITDA-Gewinne werden ab dem vierten Quartal 2002 angestrebt. "Das
haben wir uns fest auf die Fahne geschrieben", sagt Pufitsch.
13.000 Kilometer Backbone
Nachdem Colt Austria im Vorjahr 16 Mill. Euro investiert und sein
österreichisches Glasfasernetz von 75 auf 113 Kilometer erweitert
hat, will das Unternehmen heuer vor allem mit mehr verkauften
Bandbreiten, mehr vermittelten Minuten und einer Effizienzsteigerung
in der Struktur punkten. Europaweit hat Colt bereits ein Basisnetz
(Backbone) von fast 13.000 Kilometer Länge und zusätzlich insgesamt
4.500 km lange lokale Netze in 32 Städten gebaut. "Ob es richtig oder
falsch war, ein eigenes paneuropäisches Netz zu errichten, kann man
noch nicht sagen", meint Pufitsch.
"Paradigmenwechsel"
Ein klarer "Paradigmenwechsel" weg von der Errichtergesellschaft
zu einem Produktentwickler soll längerfristig Gewinne bringen. Großes
Potenzial sieht Colt vor allem in der neuen Breitbandtechnologie DSL
(Digital Subscriber Line). In Österreich hat sich Colt dafür bereits
in 20 Wiener Wählämtern eingemietet und dort die Teilnehmeranschlüsse
entbündelt. Ab April sollen noch drei Wählämter in Linz dazukommen.
Damit werde man in ganz Wien bis Mödling und in Linz
Breitbandinternet für Unternehmen anbieten können. Weitere Ausbauten
sind vorerst nicht geplant, so Pufitsch.
"Cashmäßig abgesichert"
Nach einer Kapitalerhöhung um etwa 500 Mill. Pfund (821 Mill.
Euro) hatte die gesamte Colt-Gruppe zu Jahresbeginn etwa 1,3 Mrd.
Pfund Barmittel und andere liquide Vermögenswerte in der Kassa.
Cashmäßig sei die Gruppe damit bis 2004/05 abgesichert. "Man kann
sich aber ausrechnen, wie schnell 1,3 Mrd. Pfund weg sind, wenn man
nichts verkauft", so Pufitsch.
Im vergangenen Jahr hat die Colt-Gruppe ihren Umsatz - ohne
Infrastrukturverkäufe - um 41 Prozent auf 901,9 Mill. Pfund
gesteigert. Das EBITDA verdreifachte sich von 8,1 Mill. Pfund auf
24,6 Mill. Pfund.
Die Börsenkapitalisierung des Unternehmens beträgt derzeit 630
Mill. Pfund, Dieser Wert läge deutlich unter den Investitionen, die
die Gruppe in den vergangenen Jahren getätigt habe. Wenn es gelänge
mit Gewinnen wieder das Vertrauen der Investoren herzustellen, würden
die Kurse aber wieder steigen, meint Pufitsch. (APA)