Mensch
Gentest soll Baby spätere Alzheimer-Erkrankung ersparen
Als "Meilenstein" der Präimplantationsdiagnostik gefeiert
Chicago - Eine 30-jährige Amerikanerin, die nach
Erwartung ihrer Ärzte in wenigen Jahren an einer erblichen, besonders
schweren Form von Alzheimer erkranken wird, hat dank Gentests ein
gesundes Baby ohne Veranlagung für das Leiden zur Welt gebracht. Das
berichtete die Amerikanische Ärztevereinigung am Mittwoch in ihrem
Fachjournal Journal of the American Medical Association (JAMA)
.
Der federführende Autor des Berichts, Yury Verlinsky, und seine
Kollegen am Reproductive Genetics Institute in Chicago schreiben von
einem "Meilenstein" der Präimplantationsdiagnostik (PID). Erstmals
sei es gelungen, unter mehreren Embryonen einen auszuwählen, dem
diese Alzheimer-Veranlagung erspart bleibe. In Deutschland ist die
Präimplantationsdiagnostik durch das Embryonenschutzgesetz verboten.
In den USA, Großbritannien und anderen Ländern dient sie dagegen seit
einiger Zeit zum Test auf einige, spezifische Erbkrankheiten.
Das Team um Verlinsky erzeugte im Labor Embryonen aus den Eizellen
der Mutter und dem Samen ihres von Alzheimer unbelasteten Mannes und
testete sie auf das seltene Gen. Anschließend setzte es mehrere
gesunde Embryonen in die Gebärmutter der Frau ein. Damit ist
allerdings nicht ausgeschlossen, dass das Kind im Laufe seines Lebens
einmal an einer anderen Alzheimer-Form erkranken könnte.
Kritik
Kritiker halten es für bedenklich, dass die Mutter sich
voraussichtlich in wenigen Jahren nicht mehr um das kleine Mädchen
kümmern kann. Roberta Springer Loewy und Dena Turner von der
Universität von Kalifornien in Davis verweisen in einem "JAMA"-
Kommentar darauf, dass die Mutter "ihr Kind bald noch nicht einmal
mehr erkennen wird". Das Kind müsse außerdem in wenigen Jahren den
Verfall und Tod der Mutter verkraften.
Die Mutter des Babys ist derzeit noch gesund, trägt aber ein Gen
für eine der schwersten Formen der Krankheit in ihrem Erbgut, unter
der etwa ein Prozent aller Alzheimer-Patienten leidet. Die ältere
Schwester der Frau wurde im Alter von 38 Jahren krank und lebt
inzwischen in einer geschlossenen Einrichtung, ohne ihre beiden
Kinder versorgen zu können. Bei dem Bruder der Frau machte sich das
Leiden mit 35 Jahren bemerkbar, der Familienvater starb im Alter von
42 Jahren nach Gedächtnisverlust und anderen Alzheimer-Symptomen.
(APA)