Wien - Tausende Österreicher tragen jährlich nach einer
Reanimation als Folge eines Herzkreislaufstillstands schwere Schäden
am Zentralnervensystem davon. Es gilt immer noch als seltenes Glück
für Patienten, einen solchen Krankheitsfall gesund zu überleben. Eine
Untersuchung unter der Federführung von Experten des Wiener AKH hat
jetzt einen Ausweg gezeigt: Eine Senkung der Körpertemperatur kann
Folgeschäden verhindern und die Überlebensrate steigern. Die
Ergebnisse wurden jüngst im renommierten New England Journal of
Medicine veröffentlicht.
Runter auf 32 bis 34
Unter der Leitung der Universitätsklinik für Notfallmedizin des
AKH (Vorstand Univ.-Prof. Dr. Anton N. Laggner) wurde in zehn
medizinischen Zentren in Europa eine Langzeitstudie durchgeführt, die
den Effekt der Senkung der Körpertemperatur auf 32 bis 34 Grad
Celsius über 24 Stunden nach der Reanimation untersucht hat. Die
Patienten waren in einem medikamentös herbeigeführtem Tiefschlaf und
wurden maschinell kontrolliert beatmet. Nach erfolgreicher
Wiederbelebung konnte durch eine milde Herabsetzung der
Körpertemperatur eine Schädigung des Zentralnervensystems in der
Phase nach dem Herzstillstand verhindert werden, berichtete
Univ.-Prof. Dr. Fritz Sterz.
Konkret wurden, unter der Koordination von Sterz und seinem
Kollegen, Dr. Michael Holzer, insgesamt 175 Fälle in zwei Gruppen
untersucht. Um die Ergebnisse vergleichbar zu machen, wurden nur
Herzinfarktpatienten (die häufigste Ursache für einen
Herzkreislaufstillstand) und eine gewisse Dauer des Stillstands (zehn
bis 15 Minuten) in die Studie aufgenommen. Die Herabsetzung der
Körpertemperatur begann bei der Aufnahme des Patienten und wurde über
24 Stunden fortgesetzt. Dabei konnten Temperaturen um 34 Grad relativ
rasch erreicht werden, Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten.
Vergleich
Es stellte sich heraus, dass jene Patienten, bei denen das
"Kühlungsverfahren" angewendet worden ist, zu 55 Prozent gesund
überlebten. In der zweiten Gruppe war das nur bei 39 Prozent der
Fall. Die Differenz zeige, dass von sechs Patienten, deren
Körperwärme nach Herzstillstand und Reanimation gesenkt wird,
"mindestens einer davon profitieren" könne, erläuterte Sterz. In
Österreich erleiden jährlich 10.000 bis 14.000 Menschen einen
Herzstillstand, europaweit sind es laut Sterz 375.000.
An der Notfallaufnahme des Wiener AKH ist die Behandlungsmethode
mittlerweile routinemäßig eingeführt worden. Die Maßnahmen seien
"simpel", sagte Sterz: Die Patienten werden einem Strom kalter Luft
ausgesetzt.
Vermeidbare Folgeschäden
Die Folgeschäden, die für einen großen Teil der Betroffenen zu
Lähmungen, Sprachstörungen etc. führen, entstehen durch
Durchblutungsstörungen nach der Wiederbelebung, wenn das Blut im
Gehirn wieder zu fließen beginnt, so Sterz. Bisher habe es "keine
wirklichen Behandlungsmöglichkeiten für diese Patienten gegeben".
Fazit der Mediziner: Milde Kühlung sei ein viel versprechender
therapeutischer Ansatz zur Verminderung von ischämischen Schäden bzw.
Reperfusionsstörungen (Durchblutungsstörungen) und werde zu einer
Verbesserung der gesunden Überlebensraten nach
Herzkreislaufstillstand beitragen. (APA)