Wien – Spanien liegt nach dem Dopingfall von Johann Mühlegg in einem sportlichen Trauma. Als nationale Schande ist auf der iberischen Halbinsel die Doping-Disqualifikation des Skilangläufers bei den Olympischen Spielen von Salt Lake City gewertet worden. "Der Dopingfall Mühlegg belegt den spanischen Sport mit Scham", schrieb am Montag die Zeitung "El Mundo", nachdem der für Spanien startende gebürtige Deutsche am letzten Tag der Winterspiele der Einnahme der verbotenen Substanz Darbepoetin alfa (NESP) überführt worden war.

"Es war alles zu einfach. Man rekrutiert das Phänomen eines anderen Landes, lässt ihn unsere Fahne tragen, Medaillen für uns gewinnen und unseren Namen in die Welt tragen. Im Gegenzug gibt man ihm alle Freiheiten in der Vorbereitung. Man weiß nicht, ob er Fleisch isst oder Gift, niemand kontrolliert seinen Medikamentenschrank", schrieb die spanische Sportzeitung "As".

Laxe Dopingkontrollen in Spanien?

Der Fall Mühlegg verstärkt den Verdacht, dass die Spanier mit den Kontrollen eher lax umgehen. Dopingskandale um spanische Spitzensportler wie den Schwimmer David Meca oder den Radsportler Pedro Delgado flogen fast immer im Ausland auf und praktisch nie in Spanien selbst. Das Doping, so scheint ist, wird in Spanien als eher leichtes Vergehen betrachtet.

Spaniens König Juan Carlos hat eine Audienz für den Wahlspanier bis auf weiteres verschoben. Ein neuer Termin stehe nicht fest, teilte eine Sprecherin des Königshauses am Montag in Madrid mit.

"Juanito", wie der gebürtige Allgäuer in Spanien genannt wird, sollte eigentlich am kommenden Mittwoch vom spanischen Monarchen empfangen werden. Eine offizielle Begründung für die Verschiebung wurde nicht gegeben. Wie aber verlautete, wollte das Königshaus zunächst einmal die weitere Entwicklung im Dopingverfahren abwarten.

Kein Einspruch des ÖOC

Das österreichische Olympische Comitee (ÖOC) wird keinen Einspruch dagegen erheben, dass Mühlegg zwei seiner drei Goldmedaillen behalten darf. Dass sich das ÖOC um eine Goldmedaille (für Hoffmann) betrogen fühlen könnte, verneint er. "Es gibt keine Hinweise, dass er schon da eine Doping-Sünde begangen hat. Nachweislich, weil er getestet wurde. Wir müssen uns an die Bestimmungen halten. Die Optik ist aber nicht gut", erklärte Wallner.(APA/dpa)

  • Reaktionen zum Doping-Skandal bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City:

    Johann Mühlegg (positiv geteste nach seinem Sieg über 50 km): "Das Hormon hat sich irgendwie gebildet, ich glaube, das hat etwas mit meiner speziellen Diät zu tun."

    Johann Mühlegg (hofft auf B-Probe): "Jetzt überrollt mich das Ganze. Ich will versuchen, ruhig Blut zu bewahren. Aber endgültig vorbei ist es noch nicht."

    Christian Hoffmann (Silbermedaille über 30 km hinter Mühlegg): "Mir würde taugen, wenn ich Gold bekäme. Aber es ist nicht mehr so, wie wenn ich bei Olympia gewonnen hätte. Man kann sich nicht mehr so freuen, ich habe mich damit abgefunden und bin mit Silber zufrieden".

    Michail Botwinow (Bronzemedaille über 30 km hinter Mühlegg und Hoffmann): "Der positive Dopingtest Mühleggs liefere die Antwort auf die Frage nach dessen Überlegenheit. Wir trainieren auch das ganze Jahr und wenn dann einer so überlegen gewinnt, dann fragt man sich, was man im Training falsch gemacht hat"

    Thomas Bach (IOC-Vize-Präsident): "Die Möglichkeit, dass eine B-Probe ein anderes Ergebnis aufweist, liegt bei 0,0001 Prozent."

    Thomas Bach: "Rechtlich ist es nicht möglich, Mühlegg alle Goldmedaillen abzunehmen. Der Fall macht mich nicht persönlich betroffen, aber ich hätte es mir anders gewünscht. Insgesamt ist es für den Sport und für Olympia ein gutes Zeichen, dass hart durchgegriffen wird."

    Jacques Rogge (IOC-Präsident): "Um ein Champion zu sein, ist mehr nötig, als die Ziellinie als Erster zu überqueren. Wenn du die Ziellinie als Erster kreuzt, bist du ein Sieger. Aber du wirst nie ein Champion sein, wenn du die Dopingbestimmungen nicht respektierst."

    Mitt Romney (Chef des Organisationskomitees): "Dies wirft keinen Schatten auf die großartigen Leistungen der Athleten."

    Leo Wallner (ÖOC-Präsident): " Wir werden keinen Einspruch gegen die anderen zwei Goldmedaillen (Anm.: Christian Hoffmann wurde über 30 Kilometer Zweiter hinter Johann Mühlegg) einlegen, weil Mühlegg danach getestet worden ist und da ist nichts aufgetreten. Von der sportlichen Seite wäre es nicht fair. Wir fühlen uns nicht betrogen, wir haben keinen Hinweis, dass er da Dopingsünden begangen hat. Von der Optik her ist das natürlich nicht gut."

    Gabriella Paruzzi (Olympiasiegerin über 30 km): "Ich habe keine Grund zum Jammern, das sind Tränen der Freude. Ich habe Gold gewonnen."

    Stefania Belmondo (Silbermedaillengewinnerin über 30 km): "Ich freue mich über die Silbermedaille. Die Doping-Affäre möchte ich nicht kommentieren, das macht mich müde. Ich möchte lieber über Athleten, die gute Ergebnisse mit harter Arbeit erzielen, sprechen. Aber während des Rennens habe ich über die Doping-Krise nachgedacht. "

    Larissa Lasutina (Stunden vor ihrem positiven Test): "Unser Sport wird durch diese ganzen Bluttest besudelt. Manches Mal fühle ich mich wie ein Tier behandelt."

    Victor Sanchez (Generalsekretär des spanischen NOK): "Wir sind enttäuscht, aber so schlimm ist es auch nicht. Wir haben immer das Beste, aber auch das Schlimmste einkalkuliert. Wenn man alle Möglichkeiten in Betracht zieht, sind wir mit dieser Lösung zufrieden."

    Juan Antonio Gomez Angulo (Spanischer Staatssekretär für Sport): "Die Empfindung der spanischen Delegation ist Erleichterung. Wir haben uns darum bemüht, dass Johann Mühlegg die ersten beiden Goldmedaillen behalten kann."

    Martin Mühlegg (Bruder und Manager von Johann Mühlegg): "Wir sind weder enttäuscht noch froh. Denn wir glauben nicht an die Analyse. Wir sind ganz sicher, dass die B-Probe Entlastung bringen wird."

    Denis Oswald (Chef der Medizinischen-Kommission des IOC): "Manche nehmen solche Substanzen und glauben, sie entkommen uns. Das ist eine Warnung für alle, die dies versuchen wollten."

    Die spanische Tageszeitung ABC: "In einer Nacht hat Mühlegg nicht nur eine seiner Goldmedaille verloren, sondern auch seine Status als Sport-Held."

    Die spanische Tageszeitung El Mundo: "Die herausragendste Leistung unserer Olympiageschichte hat sich mit einem Schlag zu einem Trick mit Chemikalien reduziert."