Seit einer Woche im Amt als Wiener ORF-Direktorin: Brigitte Wolf
Standard: Wird auch vor der nächsten Wiener Gemeinderatswahl ein Meinungsforscher in "Wien heute" auftreten dürfen? Wolf: Warum nicht? Standard: Bei der bisher jüngsten gab es massive FP-Proteste gegen eine Prognose. Wolf: Letztlich aber war allen klar - die Wahl- und Vorwahlberichterstattung in "Wien heute" war fair. Standard: Wie oft sollte ein Landeshauptmann oder Bürgermeister pro "heute"-Sendung vorkommen? Wolf: So oft es journalistisch notwendig ist. Standard: Gibt es schon Kontakte mit der UPC Telekabel, die angekündigt hat, sie will auf jeden Fall "Wien heute" und nicht "Niederösterreich heute" in ORF 2 ausstrahlen? Bei 50 Prozent Kabelverbreitung in Wien kann das nur in Ihrem Sinne sein. Wolf: Ja und ja. Standard: "Wien heute" über Haus- oder Zimmerantenne läuft künftig als Fensterprogramm in einem privaten Regional-TV. Das ist doch quotentechnisch dann nur noch ein Geschenk an den Mitbewerber. Wolf: Es sei. Wir arbeiten nicht gegen irgendjemanden, sondern für die Zuseher. Standard: Sie haben diesen künftigen Status von "Wien heute" mit den Programmfenstern Alexander Kluges in deutschen Privatprogrammen verglichen. War der Vergleich ernst gemeint? Wolf: Ich meine stets ernst, was ich sage. Es ist der einzige strukturelle Vergleich, der mir dazu einfällt. Mir ist kein anderer Fall von gesetzlich erzwungenem Frequenzsharing so artfremder Programmtypen bekannt. Standard: Der Vergleich bezog sich nicht auf Inhalte? Wolf: Wie käme ich dazu, völlig verschiedene Formate inhaltlich zu vergleichen? Standard: Durchaus aussichtsreiche Kandidaten für die Wiener Privat-TV-Lizenz erklären, sie wollten mit ihrem Frequenzgast "Wien heute" freundlichen Umgang pflegen. Etwa indem man wechselseitig auf Programme hinweist, also Trailer für "Wien heute" am Nachmittag und Abend davor, dafür vielleicht umgekehrt Programmhinweise auf Sendungen des Privaten. Wolf: Ich bin an sich ein freundlicher Mensch. "Wien heute" ist eine eingeführte Marke und eine vielen vertraute Sendung. Sie ist auf Sicht deutlich weniger darauf angewiesen, beworben zu werden, als die Hervorbringungen des Frequenzpartners, wer immer das auch sein wird. Standard: Wie funktioniert eigentlich die Werbebuchung um "Wien heute"? Alles für den Privaten? Wolf: Das wird zu verhandeln sein. Im Sinne der Ressortzuständigkeit bitte ich, weitere Details beim Kaufmännischen Direktor einzuholen. Standard: Sonderwerbeformen, wie sie in "heute"-Sendungen und ganz besonders in ihrer Wiener Version höchst beliebt waren, wurden eingeschränkt. Wie groß ist die Lücke im Budget? Wie gleicht man sie aus? Wolf: Mit dem Geld, das uns zur Verfügung steht, werden wir gutes Programm machen. Nach wirtschaftlichen Grundsätzen und voll Einfallsreichtum. So wie bisher. Standard: Was fängt man mit der vielen "heute"-Sendezeit an, die dank des neuen ORF-Gesetzes nicht mehr mit Gewinnspielen und Werbung für Radio Wien gefüllt werden darf? Wolf: Weiterhin auf Basis des Gesetzes Programm machen. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 25.2. 2002)