Rust/Wien - Das Ausländerwahlrecht auf Bezirksebene soll nach den Vorstellungen der Wiener Integrationsstadträtin Renate Brauner (S) noch vor dem Sommer Gesetz werden. Für die Stadträtin ist dieser Schritt Teil einer Offensive gegen den von ÖVP und FPÖ im Bund geplanten Integrationsvertrag. "Das hat weder etwas mit Integration noch mit Vertrag zu tun. Daher stelle ich dem Integrationsdiktat der Bundesregierung die 'Wiener Partnerschaft für Integration' entgegen", so Brauner bei der SPÖ-Klubtagung in Rust. ZuwanderInnen soll in diesem Zusammenhang auch ein "Willkommenspaket" offeriert werden.Wahlrecht nach fünf Jahren Brauner sieht für AusländerInnen, die mindestens fünf Jahre ununterbrochen in Österreich sind, das aktive und das passive Wahlrecht vor. Die Bildung ethnischer Listen und somit Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen fürchtet sie nicht. Es gebe viele Länder mit AusländerInnen-Wahlrecht, die Betroffenen würden dort aber eher auf herkömmlichen Parteilisten kandidieren. Für EU-Bürger gilt das Wahlrecht auf Bezirksebene bereits seit der Wahl 1996. Von den Grünen unterstützt "Integration braucht Partizipation", so Brauners Begründung für das Ausländerwahlrecht, die im Rathaus nur von den Grünen unterstützt wird. "Für den demokratischen und sozialen Zusammenhalt ist es wichtig, dass alle die Möglichkeit bekommen, im Mindestmaß mitzubestimmen." Brauner würde dies auch gerne auf die Landesebene ausweiten: "Wir drängen darauf, aber wir können es nicht autonom in Wien entscheiden." Kritik übte sie auch an der Ankündigung der ÖVP, das Ausländerwahlrecht beim Verfassungsgerichtshof anzufechten: "Ich bedaure, dass vor allem die ÖVP die inhaltliche Diskussion verweigert und sich auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit zurückzieht." Wahlrecht ab 16 Jahren Das Ausländerwahlrecht ist Teil eines Gesamtpakets, über das die Rathausparteien schon länger verhandeln. Ein weiterer Punkt ist das Wahlrecht für Jugendliche ab 16 Jahren auf Bezirks- und Landesebene, wobei das Mindestalter für eine Kandidatur aber nicht gesenkt werden soll. Brauner ist überzeugt, dass das Interesse der Jugendlichen größer sei als in Umfragen vorhergesagt; wenn die Jugendlichen erst die Chance zur Stimmabgabe hätten, würden sie diese auch nützen. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, zwei statt bisher eine Vorzugsstimme zu vergeben. Auf den Bund angewiesen ist Wien auch bei der von allen Parteien unterstützen Forderung nach Einführung der Möglichkeit zur Briefwahl. Der Opposition nicht entgegenkommen will Brauner, deren Partei mit 46,9 Prozent der Stimmen über 52 von 100 Mandaten im Stadtparlament verfügt, beim Wunsch nach einem neuen, weniger mehrheitsfördernden Wahlsystem: "Es hat sich insgesamt bewährt, denn diese Wahlergebnisse bringen handlungsfähige Regierungen." Außerdem bezeichne auch niemand das Mehrheitswahlrecht in Großbritannien als undemokratisch. Kein Thema mehr sei auch die Direktwahl der Bezirksvorsteher. "Willkommenspaket" Als weitere Integrationsmaßnahme neben dem Ausländerwahlrecht stellte die Stadträtin das so genanntes "Willkommenspaket" vor. Unter dem Motto "Partnerschaft für Integration" erhält damit künftig jeder Neuzuwanderer in Wien mehrere Informationsbroschüren, ein Adressverzeichnis, einen Stadtplan sowie Gutscheine für einen Stadtrundgang, eine Rathausführung und einen Museumsbesuch. Nach holländischem Vorbild werden die Zuwanderer außerdem zu einem Orientierungsgespräch in die Magistratsabteilung 20 (Fremdenrechtliche Angelegenheiten) eingeladen. (APA)